Zwei Tage lang war Bangkok Schauplatz von Strassenschlachten mit Dutzenden Verletzten. Mit einer Taktikwende hat Thailands Polizei nun eine weitere Eskalation der regierungsfeindlichen Proteste verhindert. Statt den Regierungssitz und die Polizeizentrale weiter mit Tränengas und Wasserwerfern zu verteidigen, öffnete sie die Tore und liess die Demonstranten ein.
Das Kalkül ging auf: Die Regierungsgegner feiern friedlich, wie SRF-Sonderkorrespondent Florian Inhauser im Interview mit SRF News Online sagt.
SRF News Online: Wie ist dezeit die Stimmung in Bangkok?
Florian Inhauser: Sie ist wie ausgewechselt, beim Regierungssitz und der Polizeistation herrscht «Chilbi-Stimmung». Die Demonstranten ziehen mit Trillerpfeifen durch die Stadt und feiern sich gegenseitig. Doch es ist auch eine Art Ratlosigkeit zu spüren. Die Oppositionellen wurden von dem Wandel überrollt.
Warum vollzog die Polizei plötzlich eine solche Kehrtwende?
Die Regierung hat immer betont, man wolle ein Blutvergiessen verhindern. Fürs erste ging dieses Vorhaben nun auf: Mit dem einen Schachzug wurde den Demonstranten der Wind aus den Segeln genommen. Zudem feiert der thailändische König Bhumibol am Donnerstag seinen Geburtstag. Es wird wohl kaum jemand wagen, an diesem Tag zu randalieren, das ist ein ungeschriebenes Gesetz. Die Kehrtwende der Polizei und der Königsgeburtstag könnten dazu führen, dass der Aufstand langsam im Sand versickert. Wenn das nicht geplant war, ist es ein unglaublicher Zufall. Und wenn es geplant war, war es unglaublich clever. Die dritte Möglichkeit wäre ein Deal, hinter den Kulissen, zwischen Oppositionsführung und Regierung. Von dessen Inhalt man vielleicht erst viel, viel später erfahren wird.
Welche Rolle kommt dem Militär zu?
Die Armee hat stets erklärt, man wolle nicht gewalttätig einschreiten. Sie ist bislang gar nicht in Erscheinung getreten und muss es wohl nach dem heutigen Kurswechsel auch nicht mehr.
Geben sich die Demonstranten nun mit der Kehrtwende der Polizei zufrieden?
Im Moment herrscht bei vielen Ratlosigkeit, die Luft scheint raus. Es wird sich zeigen, wie Protestführer Suthep Thaugsuban sich nun verhält. Möglicherweise könnte die Lage morgen nochmals etwas aufflammen. Es dürfte für Suthep aber schwierig werden, den Schwung der letzten Tage bis nach dem Königsgeburtstag aufrecht zu erhalten, beziehungsweise neu zu entfachen. Die Frage stellt sich auch, welche Bedeutung der Chefoppositionelle tatsächlich hat. Er war ja nicht von Anfang her fest in der Oppositionsführung verankert. Doch eines ist gewiss: Bislang haben die Regierungskritiker mit ihrer Forderung nach einem Machtwechsel überhaupt nichts erreicht.