Der grösste Hörsaal der Universität Zürich war gefüllt mit Hörern. Der Vortrag wurde auch in fünf weitere Hörsäle übertragen. Michail Chodorkowski, der 2003 wegen angeblichen Steuerbetrugs für zehn Jahre eingesperrt wurde und Ende letzten Jahres dank einer Amnestie freigelassen wurde, referierte über den Zustand der russischen Justiz.
Organisiert seien die Gerichte nicht schlechter als in andern Ländern, sagte er. Das Spezielle aber sei, dass sie gesteuert seien, gesteuert von Präsident Putin und seinen Vertrauten aus den Sicherheitsorganen. Wer sich mit der Machtelite anlege, der werde verurteilt und aus dem Geschäft getrieben. Da sei er, Chodorkowski, bei weitem nicht der einzige.
Staat übernimmt private Geschäftsfelder
Gemäss seiner Darstellung übernehmen nach einer Verurteilung staatliche Institutionen dann die Tätigkeiten der verurteilten Privatunternehmen. Allein zwischen 2011 und 2013 habe die Zahl der Unternehmen in Russland deshalb um 14 % von über 4 Millionen auf dreieinhalb Millionen abgenommen.
Das Publikum applaudiert ruhig und häufig ironisch referierenden Oligarchen. und trotzdem blieb bei vielen ein ambivalentes Gefühl zurück.