Es war eine Premiere, und sie zeigt, wie wichtig das Thema inzwischen geworden ist. Präsident Barack Obama sprach in seiner Rede zur Lage der Nation letzte Woche erstmals über Attacken aus der Cyberwelt. Amerika müsse sich besser gegen solche Angriffe schützen. Denn sie nähmen stetig zu, sagte er.
«In jüngster Zeit sind viele Informationen von ausländischen Regierungen und von Hackern gestohlen worden», erklärt Jason Healey. Er ist Cyber-Experte beim angesehenen Think Tank Atlantic Council. Betroffen sind neben Facebook und mehreren Medienunternehmen auch diverse US-Banken.
Kommt der Cyber-War?
Aber, fügt Healey an: «Einen sogenannten Cyber-War, also einen klassischen Krieg mit Toten und Zerstörung, hat man bis jetzt noch nicht gesehen.» Das könnte sich jedoch ändern. Und die USA wären schlecht auf einen solchen Cyber-War vorbereitet, sagen Experten wie Healey: «Die USA und viele andere Staaten, mit Ausnahme vielleicht vom digital unterentwickelten Nordkorea, sind stark von ihrer IT-Infrastruktur abhängig. Das macht sie verletzlich.»
Stromnetze und Kommunikationssysteme könnten sabotiert werden, Krankenhäuser und Atomkraftwerke. Indirekt könnte das zu Sachschaden, Toten und letztlich zum Krieg führen. Das ist auch der Grund, warum Barack Obama sich jetzt einschaltet. Erstmals hat er angeordnet, dass wichtige Infrastruktur-Firmen im Bereich Cyber-Sicherheit mit der Regierung kooperieren müssen.
Von 900 auf 5000 Personen
Auch der Staat selbst ist aktiv. Das Ministerium für innere Sicherheit sowie das Pentagon rüsten kräftig auf. Mit neuen Cyber-Systemen, deren Kosten allerdings geheim sind. Die Zahl der Cyber-Experten wird drastisch erhöht: Im Pentagon allein von 900 auf 5000 Personen. Ein Cyber-Command fasst alle Cyber-Aktivitäten des Militärs zusammen.
Offiziell geht es lediglich um die Verteidigung der amerikanischen Infrastruktur. Aber inoffiziell geht es auch um Offensiv-Massnahmen. Das bestätigt Jason Healey: «Über solche Aktionen geben die Regierung oder das Militär keine Auskunft.»
Laut unbestätigten Meldungen setzten die USA mit Cyber-Attacken Computersysteme in Afghanistan und in Libyen lahm. Ausserdem sollen die USA und Israel mit dem Computer-Programm Stuxnet den Betrieb der Nuklearanlagen Irans gestört haben.
Schweiz hinkt hinterher
Während sich die USA rüsten, hinkt die Schweiz hinterher. «Sie tut sich ziemlich schwer mit dem Thema», sagt Bundeshaus-Korrespondent Philipp Burkhardt. Erkannt sei das Problem zwar schon seit längerer Zeit. Aber der Bundesrat brauchte eineinhalb Jahre bis er eine Strategie zum Schutz der Schweiz vor Cyber-Risiken vorlegte. Das war letzten Sommer.
«Wer das Papier liest, erschrickt zuerst einmal: Denn der Bund stellt darin unumwunden fest, dass er zurzeit kaum in der Lage sei, grössere, gezielte Cyber-Angriffe abzuwehren oder die Folgen von solchen Angriffen zu beheben», sagt Burkhardt. Der Bundesrat hat deshalb verschiedene Massnahmen beschlossen und im Finanzdepartement eine Koordinationsstelle eingesetzt.
Reicht das? Burkhardt verneint: «In dieser Strategie ist nicht sehr viel Fleisch am Knochen.» Kein zusätzliches Personal, kein schlagkräftiges Steuerorgan.