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International «Das ist Horror»

Martin Rowson hat gegen den Brexit angezeichnet – mit bitterbösen Karikaturen. Umso grösser war sein Schock, als er heute Morgen erwachte. Den Humor hat der Künstler trotzdem nicht verloren.

SRF News: Was war Ihr erster Gedanke heute Morgen?

Martin Rowson: Ich habe gedacht: Das ist Horror. Inzwischen habe ich mich wieder etwas beruhigt.

Warum haben die Briten für den Brexit gestimmt?

Zur Person

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Martin Rowson (geb. 1959) ist ein englischer Cartoonist und Autor. Seine Cartoons erscheinen unter anderem im «Guardian». Sein Handwerk hat sich Rowson selbst beigebracht.

Das ist einzig und allein David Camerons Fehler. Nicht nur, dass er diese Abstimmung angesetzt hat. Er wird als einer der schlechtesten Premierminister in die britische Geschichte eingehen. So wie Lord North, der im 18. Jahrhundert Nordamerika verloren hat.

Für den Brexit gestimmt hat aber nicht Cameron – sondern eine Mehrheit der Bürger.

Waren sie schon einmal in Nordengland? Da sind ganze Landstriche von der Regierung verlassen worden. Staatliche Ausgaben sind zusammengestrichen. In den Städten gibt’s noch ein paar Wohltätigkeitsshops. Die grossen Ketten haben längst geschlossen, weil niemand mehr Geld hat. Die Menschen dort haben für den Brexit gestimmt, weil sie jemanden abstrafen wollten. Leider beschuldigen sie die EU für etwas, was eigentlich Verbrechen des britischen Staates sind.

Warum machen Sie Cameron derart verantwortlich?

Wir haben eine politische Elite, die Politik behandelt wie ein Spiel. Cameron führt sein Amt aus wie ein Student, der bei Prüfungen schummelt. Er hat das Buch selbst nicht gelesen – nur auf der Buchrückseite die Zusammenfassung. Und denkt: Mit ein bisschen Charme komme ich da durch. Das Problem: Jetzt hat sich die politische Elite in den Kopf geschossen – und die Kugel hat das ganze Land getroffen.

Die meisten Menschen lachen über dieselben Dinge: Sex und Tod. Und über die Elite.
Autor: Martin Rowson

Brexit – was nun? Wie geht es weiter?

Ich glaube nicht, dass auch nur einer der Brexit-Befürworter einen Plan hat, was nun zu tun ist. Zudem haben viele zwar für den Brexit gestimmt – aber nie gedacht, dass sie gewinnen. Das war eine Protestwahl. Die Leute wollen etwas zurück, was schon vor Jahrzehnten verloren ging; ein Phantasieland. Die Hoffnungen werden sich nicht erfüllen.

Was passiert denn?

Wir haben die grösste Staatskrise seit dem Zweiten Weltkrieg. Das Pfund hat zeitweise 10 Prozent verloren, die Börse ist im freien Fall. Ich glaube, die Lage wird bald so schlecht, dass irgendjemand kommt und sagt: wir müssen verhandeln, um doch in der EU bleiben zu können.

Das glauben sie nicht wirklich.

Doch, ich denke, so wird es kommen. Irgendjemand muss sagen: Stoppen wir das Spiel. Machen wir wieder Politik wie Erwachsene.

«Die Realität übertrifft jede Satire»
Autor: Martin Rowson

Grossbritannien steht vor einer Krise, Europa auch. Eine gute Zeit für Karikaturisten.

Es ist immer eine gute Zeit für Karikaturisten. Die Realität übertrifft immer jede Satire, die ich mir ausdenken kann. Wir Karikaturisten haben ja keinen Einfluss auf die Dinge, die geschehen. Wir sorgen dafür, dass die Leute besser mit dem Alltagshorror umgehen können. Wir vergeben die Lizenz zum Lachen.

Hat Sie der Brexit nicht den Humor gekostet?

Nein, Nein, Nein. Ich sage immer: wir sind gut im Witze machen – sonst würden wir verrückt werden. Alle Menschen lachen. Und die meisten lachen über dieselben Dinge: Sex und Tod. Und über die Elite. Wir müssen weiter lachen über diese Leute.

Das Interview führte David Nauer.

(Sendebezug: Brexit-Sondersendungen bei SRF, 24.6.2016)

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