Das Wichtigste in Kürze
- Die «Panama Papers»-Recherchen basieren auf einem Datenleck bei einer panamaischen Anwaltskanzlei.
- Das Leck umfasst E-Mails, Urkunden, Kontoauszüge, Passkopien und weitere Dokumente zu 214'000 Briefkastenfirmen, vor allem in Panama und den Britischen Jungferninseln.
- Zu den Profiteuren sollen auch zwölf Staatsoberhäupter, Politiker, Sportstars und weitere Persönlichkeiten gehören.
- Zahlreiche der weltweit beteiligten Finanzinstitute sind Schweizer Firmen.
- Der Datensatz wurde der «Süddeutschen Zeitung» anonym zugespielt. Sie teilte die Daten mit dem Internationalen Konsortium investigativer Journalisten (ICIJ).
- Journalisten in rund 80 Ländern haben im Zuge der Recherchen etwa 11,5 Millionen Dateien ausgewertet. Es handle sich um «ein gigantisches Leak in einer bislang nicht vorstellbaren Dimension von rund 2,6 Terabyte».
Das Datenmaterial zu den «Panama Papers» ist der «Süddeutschen Zeitung» nach eigenen Angaben im vorigen Jahr zugespielt worden. Insgesamt gehe es um 11,5 Millionen Dokumente zu 214'000 Gesellschaften.
Details über Sanktionsbrüche
Die ausgewerteten Informationen legen nach Angaben des Norddeutschen Rundfunks die Offshore-Geschäfte von insgesamt 140 Politikern und hohen Amtsträgern aus aller Welt offen. In den Unterlagen tauchten aber auch Namen von Spionen, Drogenhändlern und anderen Kriminellen auf.
Zudem hätten zahlreiche Prominente und Sportstars Offshore-Firmen genutzt. Doch «generell gilt: Der Besitz einer solchen Offshore-Firma ist für sich nicht illegal», schreibt die «Süddeutsche Zeitung».
Die Dokumente würden aber ein detailliertes Bild darüber abgeben, wie diese Firma «Tag für Tag Sanktionsbrüche und Beihilfe zur Steuerhinterziehung und Geldwäsche in Kauf nimmt». Es gebe Unterlagen über mutmassliche Offshore-Firmen von zwölf aktuellen und früheren Staatschefs sowie Spuren zu Dutzenden weiteren.
Zahlreiche Schweizer Firmen beteiligt
Laut dem Internationalen Konsortium Investigativer Journalisten befinden sich über 1200 Schweizer Firmen unter den 14'000 Banken, Anwaltsfirmen und anderen Mittelsmännern, die Briefkastenfirmen aufbauen liessen. Nur aus Hongkong und Grossbritannien stammen noch mehr.
Die Schweizer Vermittler gehören zudem zu den aktivsten: Rund 34'000 der rund 215'000 Offshore-Gesellschaften wurden aus der Schweiz initiiert – das entspricht rund 16 Prozent. UBS, Credit Suisse (über eine Tochter) und die HSBC Schweiz zählen zudem zu den Banken, die am häufigsten für ihre Kunden Gesellschaftsmäntel registrieren liessen.
Kanzlei: «Wir wurden gehackt»
Die Kanzlei Mossack Fonseca hat die in den Enthüllungen erhobenen Vorwürfe zurückgewiesen. Sein Unternehmen helfe nicht bei Geldwäsche oder Steuerhinterziehung, sagte der Kanzlei-Anwalt Ramón Fonseca Mora gegenüber dem Fernsehsender TVN. Mossack Fonseca gründe lediglich Firmen und verkaufe sie dann an Banken, Vermögensverwalter oder Anwälte. Eine Geschäftsbeziehung zu den Endkunden bestehe nicht.
Fonseca räumte aber ein, dass die von mehreren Medien veröffentlichten Dokumente zum Teil aus seiner Kanzlei stammen. «Wir wurden gehackt. Das ist ein Verbrechen», sagte der frühere Berater von Panamas Präsident Juan Carlos Varela. Er führt die Kanzlei gemeinsam mit dem deutschstämmigen Rechtsanwalt Jürgen Mossack.
Panama sagt Kooperation zu
Nach den Enthüllungen hat die Regierung des mittelamerikanischen Landes ihre Kooperation bei der Aufklärung zugesagt. «Die panamaische Regierung verfolgt eine Null-Toleranz-Politik in allen Bereichen des Rechts- und Finanzwesens, wo nicht mit einem höchsten Mass an Transparenz gearbeitet wird», hiess es aus dem Präsidialamt.
Beweis dafür sei, dass der OECD-Arbeitskreis für Massnahmen zur Geldwäschebekämpfung (GAFI) Panama kürzlich von der grauen Liste gestrichen hatte. Dort werden Staaten geführt, die beim internationalen Austausch von Finanz- und Steuerinformationen hinterherhinken.
Banken im Visier
Sven Giegold, Grünen-Abgeordneter im Europäischen Parlament, fordert denn auch mehr Transparenz mit Blick auf Steueroasen. Es sei «eine Schande, dass wir im Kampf gegen die elendige Steuerflucht auf solche Datenlecks angewiesen sind», erklärte er. «Wir brauchen öffentliche Unternehmensregister, aus denen die wirtschaftlich Begünstigten von Briefkastenfirmen eindeutig hervorgehen», betont der Finanzexperte.
«Die EU sollte Banken mit einer Strafabgabe belegen, die Geschäfte mit intransparenten Firmen machen.» Dies sei in den USA Praxis, fügt er hinzu. Doch es gelte «in jedem Fall bei den hier genannten Personen die Unschuldsvermutung».
Funktionsweise der Offshore-Industrie
Die Süddeutsche Zeitung lässt aber mit Blick auf die Dokumente keinen Zweifel aufkommen: «Wer sich in den ‹Panama Papers› umsieht, stellt sehr schnell fest, dass es in der überwältigenden Zahl der Fälle vor allem um eines geht: zu verschleiern, wem die Firma in Wahrheit gehört.»
Die Daten belegten, wie die globale Offshore-Industrie im Verbund mit grossen Banken, Anwaltskanzleien und Vermögensverwaltern, in aller Verschwiegenheit die Besitztümer von Prominenten verwalte.
Grösstes Leck in der Geschichte des Daten-Journalismus
Igor Angelini, Chef der Finanzermittlungseinheit von Europol, erklärt, dass Briefkastenfirmen auch eine «wichtige Rolle bei Geldwäsche-Aktivitäten im grossen Massstab» spielen. Gleiches gelte für Korruption: Offshore-Firmen würden besonders genutzt, «um die Bestechungsgelder weiterzuleiten».
Der Enthüller des NSA-Skandals, Edward Snowden, sprach auf Twitter vom «grössten Leck in der Geschichte des Daten-Journalismus, und es geht um Korruption».
«Erhebliche Sprengkraft»
Der Leiter des Rechercheverbundes von NDR, WDR und «Süddeutscher Zeitung», Georg Mascolo, sagte in der ARD-Sendung «Anne Will», er gehe davon aus, dass von dem Einblick in das Geschäft in Steueroasen «ganz erhebliche» Sprengkraft ausgehe.
Mascolo kündigte weitere Veröffentlichungen an. «Was da in den nächsten Tagen zu lesen und zu hören sein wird halte ich für sehr bemerkenswert, weil wir einen solchen Einblick in das Geschäft dieser Steueroasen bisher in diesem Umfang nicht gehabt haben.»