Die jüngste Ausgabe der französischen Satirezeitschrift «Charlie Hebdo» hat in mehreren islamischen Ländern Proteste ausgelöst. Nach dem gestrigen Freitagsgebet sind erboste Muslime etwa in Mali, Senegal und Jordanien auf die Strasse gegangen. Nicht überall blieb es dabei friedlich.
In Pakistan und Algerien gab es Ausschreitungen. Die Proteste im westafrikanischen Niger aber sind eskaliert. Bei blutigen Strassenkämpfen sind seit Freitag mindestens zehn Menschen getötet und Dutzende verletzt worden.
Wut gegen Frankreich
In der nigrischen Hauptstadt Niamey kamen am Samstag fünf Menschen ums Leben, vier davon in Kirchen und Bars, wie Präsident Mahamadou Issoufou in einer Rede an die Nation erklärte. Nach unterschiedlichen Angaben zündete der wütende Mob bis zu acht christliche Kirchen an oder plünderte sie. In einer der niedergebrannten Kirchen wurden laut Polizeikreisen zwei verkohlte Leichen entdeckt. Zudem sei eine tote Frau in eine Gaststätte gefunden worden. Sie sei vermutlich durch Tränengas und Rauch erstickt.
Die nigrische Regierung hatte die Demonstration vom Samstag verboten. Dennoch versammelten sich nahe der Grossen Moschee mindestens tausend jugendliche Muslime. Die Polizei versuchte, sie mit Tränengas zurückzudrängen. Einige der Demonstranten bewarfen sie mit Steinen, andere zündeten Autoreifen an und errichteten Strassenblockaden. Zugleich attackierte ein Mob eine Polizeistation und zündete mindestens zwei Streifenwagen an. Auch Bars wurden angegriffen. «Alles, was Frankreich versinnbildlicht, wird in Niger verschwinden, ehe wir aufhören», rief ein Angreifer.
Weitere Proteste geplant
Die französische Botschaft hat ihre Landsleute aufgerufen, nicht auf die Strasse zu gehen. Am Nachmittag beruhigte sich die Lage. Oppositionsgruppen riefen jedoch für Sonntag zu einer neuen Demonstration auf, was abermals für Spannungen sorgen könnte.
Bereits am Freitag hatte es in der zweitgrössten nigrischen Stadt Zinder schwere Ausschreitungen aus Protest gegen die Mohammed-Karikatur in der neuen «Charlie Hebdo»-Ausgabe gegeben. Mindestens fünf Menschen wurden getötet und 45 weitere verletzt, als Muslime ein französisches Kulturzentrum und drei Kirchen in Brand steckten.
Hollande verteidigt Rede- und Meinungsfreiheit
Frankreichs Präsident Francois Hollande rief dazu auf, die Rede- und Meinungsfreiheit auch in anderen Ländern zu achten. Es gebe Spannungen in Ländern, in denen die Menschen die Verbundenheit Frankreichs mit diesem Grundrecht nicht verstünden.
Muslimische Gelehrte verurteilen die Gewalt. Im nigrischen Fernsehen riefen sie zur Ruhe auf. An die Adresse der gewaltbereiten Demonstranten sagten sie: «Vergesst nicht, der Islam ist gegen Gewalt.» Frauen und Männer, Mädchen und Buben sollten sich beruhigen. Der Islam heisse Aktionen der Gewalt nicht gut.