US-Generalstabschef Martin Dempsey zweifelt an den Fähigkeiten der irakischen Armee im Kampf gegen die Isis-Terroristen. Die irakischen Truppen seien zwar in der Lage, die Hauptstadt Bagdad zu verteidigen, eine Offensive würde sie aber vor eine Herausforderung stellen. Dabei dürfte es vor allem logistische Probleme geben, sagte Dempsey im Verteidigungsministerium in Washington. Einzelheiten nannte er nicht.
Die islamistischen Isis-Milizen kontrollieren weite Teile des West- und Nordiraks. Entscheidend für einen Erfolg im Kampf gegen Isis seien aber auch politische Fortschritte im Irak, machte Dempsey klar. Es komme darauf an, dass es der politischen Führung gelinge, eine «Regierung der nationalen Einheit» zu bilden.
Isis besetzt Ölfeld
Die Terrorgruppe Islamischer Staat im Irak und in Syrien (Isis) brachte zugleich im Osten Syriens weitere Gebiete unter Kontrolle, darunter ein wichtiges Ölfeld. Die Terrorgruppe beherrscht nun im Norden und Osten Syriens ein Gebiet, das von der türkischen bis zur irakischen Grenze reicht, wie die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mitteilte. Zudem kontrollieren Isis-Milizen grosse Teile im Norden und Westen des Iraks.
Saudi-Arabien reagiere mit der Mobilisierung seiner Armee auf den Abzug irakischer Soldaten von der Grenze zu Saudi-Arabien und Syrien, berichtete der Nachrichtenkanal Al-Arabija. Eine offizielle Bestätigung aus Riad gab es dafür zunächst nicht. Die Grenze zwischen den beiden Ländern ist mehr als 800 Kilometer lang.
Kurden-Sprecher: Maliki ist gescheitert
Zudem treiben die irakischen Kurden ihre Abspaltung und damit auch den Zerfall des Landes voran. Ihr Parlament will einen Termin für ein Referendum über die Unabhängigkeit ihrer Autonomieregion im Nordirak festlegen. Der Irak sei «fertig», Ministerpräsident Nuri al-Maliki gescheitert, sagte der Aussenbeauftragte der Kurdischen Demokratischen Partei (KDP), Hemin Hawrami.
Mitten in der schweren irakischen Krise tritt die Führung der autonomen irakischen Kurdenregion also immer selbstbewusster auf. Vor drei Wochen, während die Extremisten der Terror-Organisation Isis ihre spektakuläre Offensive lancierten, schufen die Kurden im Nordirak ihrerseits Fakten.
Sie marschierten in sämtlichen sogenannten umstrittenen Gebieten ein, die die Kurden für sich beanspruchen, die aber nicht offiziell zur Autonomieregion gehören. Allen voran die Ölstadt Kirkuk. Das Gebiet unter kurdischer Kontrolle vergrösserte sich so auf einen Schlag um rund 40 Prozent.
Barsani erhöht den Einsatz
Und Massud Barsani, der Präsident der Kurdenregion erhöhte gestern den Einsatz noch. Er forderte das kurdische Regionalparlament in Erbil auf, es solle eine Volksabstimmung vorbereiten über nichts weniger als die vollständige Unabhängigkeit Kurdistans von Irak. Die Abstimmung werde auch in den umstrittenen Gebieten stattfinden, einschliesslich Kirkuk.
Der irakische Präsident Nouri al-Maliki warnte Barsani ausdrücklich davor, den Zerfall des Iraks mit einseitigen Massnahmen noch voranzutreiben. Die Dinge entwickeln sich schnell in dem sehr instabil gewordenen Land. Doch viele Beobachter vermuten, dass der Kurdenführer mit seiner angedrohten Abstimmung noch nicht die tatsächliche Unabhängigkeit anstrebt, sondern vorerst vor allem die kurdische Position weiter stärken will im Machtpoker mit der irakischen Zentralregierung in Bagdad.
Bisher keine Alternative zu Maliki
Dort versuchen die tief zerstrittenen politischen Parteien der Sunniten, Schiiten und Kurden seit Dienstag die höchsten Staatsämter neu zu besetzen. Besonders auf eine Alternative zum hoch umstrittenen Premier al-Maliki aber vermochten sich dessen viele Gegner bis jetzt nicht zu einigen. Während im Land die Kämpfe unvermindert weitergehen.
Malikis Regierungstruppen und die schiitischen Milizen verteidigen zwar die Hauptstadt Bagdad und den Süden. Doch sie sind bisher gescheitert beim Versuch, im Gebiet der Aufständischen irgendwelches Terrain zurück zu erobern.