International - Der UNO-Generalsekretär: viel Ruhm und wenig Einfluss
Das Kandidaten-Karussell für den frei werdenden UNO-Generalsekretariats-Posten beginnt sich langsam zu drehen. Bereits 11 ranghohe Politiker bewerben sich um das hohe Amt bei den Vereinten Nationen. Doch welche Rolle spielt der UNO-Generalsekretär, und wie viel Macht hat er?
Der Ruf nach einer Frau an der UNO-Spitze wird immer lauter
02:19 min, aus HeuteMorgen vom 07.06.2016.
abspielen. Laufzeit 2 Minuten 19 Sekunden.
Der Generalsekretär der UNO ist Chef des UNO-Sekretariats, einem der wichtigsten Organe der UNO. Er ist Hauptverantwortlicher für die Verwaltung der UNO und vertritt die Organisation nach Aussen. Er bezieht ein Brutto-Jahresgehalt von umgerechnet knapp 196‘000 Franken (Stand 2011).
Das Amt wird jeweils für fünf Jahre vergeben. Nach der zweiten Amtszeit wird in aller Regel ein neuer Generalsekretär gesucht. Dabei berücksichtigt man jeweils andere Kontinente oder geographische Regionen. Somit müsste turnusgemäss eine Person aus Osteuropa an die Reihe kommen. Diese Regel muss aber nicht befolgt werden.
Beitragszahler drängen auf Kostensenkung und Effizienz
Eine an der UNO häufig gehörte Kurzformel lautet, der Generalsekretär sei «General» und «Sekretär» in einem, erklärt der ehemalige UNO-Botschafter der Schweiz Paul Seger. Tatsache sei, dass der Generalsekretär viele Funktionen in sich vereine: Er vertrete zunächst einmal die UNO nach aussen. Daneben müsse er Inspirator und politischer Taktgeber sein, Motivator und Kommunikator, Vermittler und Krisenmanager, aber auch Herr über die UNO-Verwaltung und ein Milliardenbudget.
Paul Seger
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Der aus Basel stammende Paul Seger war seit 2010 UNO-Botschafter in New York. Der Jurist ist bekennender Fliege-Träger und befürwortete die «aktive Neutralität» der damaligen Aussenministerin Micheline Calmy-Rey. Er setzte sich für eine Kandidatur der Schweiz für einen UNO-Sicherheitsrats-Sitz ein. Jetzt ist er Botschafter von Burma.
Vor allem die grösseren Beitragszahler machen auf den Generalsekretär ständig Druck, mehr für die Effizienz der Organisation zu tun und die Kosten zu senken. Diese Aufgabe würde allerdings durch teils widersprüchliche politische Positionen der UNO-Mitgliedstaaten erschwert, so Seger. Immerhin habe Generalsekretär Ban Ki-Moon im Verlauf seiner Amtszeit verschiedene Initiativen ergriffen, um Synergien zu schaffen und die Abläufe zu verbessern.
Motivator, Vermittler und Krisenmanager
Der Generalsekretär müsse immer den Spagat zwischen den Interessen der Mitglied-Staaten wagen sowie den Werten und der moralischen Autorität der UNO, heisst es weiter auf der Homepage der Vereinten Nationen.
Der Einfluss des Generalsekretärs hängt vor allem von drei Faktoren ab, betont Seger weiter. «Der politischen Grosswetterlage, der Rolle der UNO-Mitglieder, der Persönlichkeit des UNO-Generalsekretärs und vor allem der Vetomächte.» Ein guter Generalsekretär sei gleichzeitig eine öffentliche Identifikationsfigur für das Streben nach einer besseren Welt – eine Art «politischer Papst» – sowie ein stiller Diplomat für die Krisenverhinderung und -bewältigung.
Ist eine Reform nötig?
Bei so vielen Aufgaben und Erwartungen an den UNO-Generalsekretär stellt sich die Frage, ob auch diese Position reformiert werden sollte. «Es braucht vor allem ein transparentes, inklusives Verfahren, welches zum Ziel hat, die bestqualifizierte Person für diesen wichtigen Posten zu wählen», ist Seger der Meinung. Gemäss UNO-Charta wählt die Generalversammlung den Generalsekretär auf Empfehlung des Sicherheitsrates. Doch bis anhin würden die drei Grossmächte USA, Russland und China die Wahl unter sich ausmachen. Die Generalversammlung habe den Vorschlag nur noch per Akklamation absegnen können.
Nicht zuletzt dank dem Vorstoss einer von der Schweiz angeführten Gruppe von UNO-Mitgliedstaaten sei das Auswahlverfahren endlich transparenter geworden, betont Seger weiter. «Es gibt beispielsweise erstmals eine Kandidatenliste und Hearings mit den Kandidierenden.»
Damit der UNO-Generalsekretär die ihm zugedachte Rolle wirklich bestmöglich erfüllen könne, müssten ihm die Mitgliedstaaten grössere Eigenständigkeit und mehr Entscheidungsfreiheiten einräumen. Eine Beschränkung auf eine etwas längere einmalige Amtszeit statt der bisherigen fünf Jahre mit Wiederwahlmöglichkeit könnte dem Amt grösseren politischer Freiräume verschaffen und es von falscher Rücksichtnahme auf Grossmächte befreien, weil das Risiko der Nichtwiederwahl wegfalle, so Seger.
Schweizer Aussenminister an der UNO-Spitze?
Didier Burkhalter hat beste Kontakte in alle Welt und seit seinem Jahr
als Vorsitzender der OSZE und als Bundespräsident international einen
ausgezeichneten Ruf. Deshalb wird er immer wieder als möglicher
UNO-Generalsekretär gehandelt. Doch dürfte diesmal eine Frau das Rennen machen.
Der Bundesrat hat eine Schweizer Kandidatur nicht geprüft. Dennoch macht Burkhalter
aus seinem grundsätzlichen Interesse keinen Hehl. Bei Anzeichen auf Erfolg einer
Schweizer Kandidatur würde der Bundesrat die Situation neu beurteilen.
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