Sie sind traumatisiert, entwurzelt und haben keine Hoffnung auf baldige Rückkehr in ihre Heimat: Zehntausende Jesiden leben seit drei Monaten in Flüchtlingslagern wie dem Zeltlager Khanke, nahe der Stadt Dohok im kurdischen Autonomiegebiet Nordiraks. Und sie leben unter prekären Verhältnissen: Zwar gibt es frisches Wasser. Doch ist es kalt, der Boden matschig und es fehlt an Heizungen. Bald wird Schnee das Leben im Lager noch schwieriger machen.
Trotz der Bedingungen sind die Flüchtlinge froh, in Sicherheit zu sein. Viele haben Verwandte verloren. Aber sie erzählen nicht nur verstörende Geschichten über Mord und Versklavung durch die Milizen des Islamischen Staats (IS). Auch ihre arabischen Nachbarn haben laut ihren Aussagen vom Ansturm der Terroristen profitiert, indem sie jesidische Häuser plünderten.
Tote in brennenden Zelten
Viele Männer aus den Flüchtlingsfamilien haben sich den kurdischen Peschmerga angeschlossen, kämpfen an ihrer Seite oder in leicht bewaffneten eigenen Einheiten. Obwohl die Kurden Fortschritte bei der Rückeroberung des an den IS verlorenen Terrains vermelden, glaubt in Khanke niemand an eine baldige Rückkehr in die Heimat. Das Sindschar-Gebirge steht immer noch fest unter der Kontrolle der Terrormiliz.
Die Vereinten Nationen (UNO) wollen die Lebensbedingungen der Flüchtlinge wo immer möglich verbessern. Bald soll in Khanke ein wintersicheres Flüchtlingslager für über zehntausend Menschen entstehen. Bauarbeiter errichten derzeit feste Grundstrukturen dafür.
Das ist auch bitter nötig: Wegen der Kälte in Khanke kochen die Flüchtlinge mit Gaskochern unter den Kunststoffplanen, die ihnen als Behausung dienen. Nicht ohne Gefahr: Gerade erst starben drei Kinder, weil eines der Zelte in Flammen aufging.
Überrannt vom IS
Anfang August griff die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) jesidische Dörfer im Nordirak an und überrannte sie. Die Dschihadisten töteten die Männer der religiösen Minderheit und versklavten Mädchen und Frauen in unbekannter Zahl.
Die Jesiden flohen, wenn sie konnten, unter dramatischen Umständen in die Gegend von Dohok in der kurdischen Autonomiezone. Viele schafften die Flucht nicht. Sie starben auf tagelangen Märschen durchs Gebirge wegen Erschöpfung oder verdursteten in der Augusthitze.