«A city in shock. What now?» titelte heute «News and Star», das Lokalblatt von Carlisle. Und tatsächlich beschäftigen zwei Fragen die Stadt. Wird ein paar Kilometer nördlich die heutige Administrationsgrenze zu Schottland zu einer Staatsgrenze? Und was passiert mit dem grössten kommerziellen Arbeitgeber der Gegend, mit dem Reifenhersteller Pirelli?
Noch rauchen die Schlote an der Dalton Road im Süden der Stadt. Doch die Angst geht um, dass 750 direkte und hunderte weiterer Arbeitsstellen bei Zulieferern verschwinden könnten. Die lokale Labourpartei hatte denn auch schon im Abstimmungskampf gewarnt, bei einem EU-Austritt werde Pirelli innert fünf Jahren seine Tore in Carlisle schliessen.
Pirelli produziert an der Dalton Road drei Millionen Pneus für sogenannte Geländelimousinen von Mercedes, Jaguar und VW, davon werden 70 Prozent exportiert.
Das Geschäft wird wohl komplizierter
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Das Werk in Carlisle wurde nebst vier anderen Unternehmen von der britischen Handelskammer denn auch als «Export Champion» ausgezeichnet und mit einem Besuch von Premierminister David Cameron beehrt. Doch heute sind sich die Gewerkschaften, die Stadt-Verwaltung und der Unternehmerverband einig, dass sich mit dem EU-Austritt das Exportgeschäft Pirellis zumindest verkomplizieren wird. Pirelli wird schliessen, fürchtet die Labourparty weiterhin, denn der Markt des Pneuherstellers sei die EU, aber Carlisle bald EU-Ausland und der freie Handel vorbei.
In der Handelskammer ist man weniger pessimistisch. Es werde gewiss schwierig werden, doch der Fall des britischen Pfundes werde Pirelli vom Bleiben überzeugen. Die Produktion werde billiger, und zudem sei es viel zu teuer, die brandneuen Anlagen im Werk abzubauen und anderswo wieder zu installieren.
Weder Pirelli-Carlisle noch Pirelli-Milano nahmen zu diesem Werweissen und zu den Ängsten der Stadt Stellung. Mit Pirelli verliesse übrigens der letzte internationale Pneuproduzent die Insel. Dunlop und Michelin haben schon früher aufgegeben.