Die Staats- und Regierungschefs der EU treffen sich in der lettischen Hauptstadt Riga mit den Ländern Osteuropas und des Kaukasus zu einem Gipfel. Die Ost-Partnerschaft richte sich nicht gegen Russland, betonten Diplomaten bereits im Vorfeld. Das Ziel der EU ist trotzdem, Richtung Osten mehr Einfluss zu nehmen.
Beginnen wir mit dem Verhältnis der beiden Partner. Zwischen der EU und den Ländern Osteuropas und des Kaukasus sei klar, wer das Sagen habe, so Tobias Schumacher. Er ist Professor für EU-Nachbarschaftspolitik am College of Europe in Warschau. Die EU gebe den Nachbarschaftsstaaten die Agenda vor, bestimme den Takt und gebe die Reichweite der Kooperation vor.
Konkret bietet die EU den Partnerländern so genannte Assoziierungsabkommen und eine weitgehende Liberalisierung des Handels an. Dazu gehört zum Beispiel der Abbau von Zöllen. Die Partnerländer müssen dafür das gesamte europäische Recht übernehmen, das für diese Bereiche relevant ist.
Asymmetrie schadet der Sache
Zudem müssen sie Reformen durchführen, etwa die Korruption bekämpfen oder eine unabhängige Justiz aufbauen. Das habe in der Vergangenheit immer wieder zu Reibungen geführt, sagt Schumacher. Es habe den Eindruck bestärkt, dass «wir es in der osteuropäischen Nachbarschaft letztendlich mit reinen Empfängerländern zu tun haben, ohne wirkliches Mitspracherecht bei der Ausgestaltung der östlichen Partnerschaft».
Bis jetzt hat die EU mit Moldawien, der Ukraine und Georgien solche Assoziierungsabkommen abgeschlossen. Doch neben diesem asymmetrischen Machtverhältnis gibt es mit diesen Abkommen auch weitere Probleme.
Die EU möchte diese Länder zwar wirtschaftlich und politisch enger an sich binden. Was aber langfristig für diese Länder heraus schaue, sei unklar, sagt der Professor. Es stelle sich die Frage, weshalb sich ein osteuropäisches Land überhaupt auf den Pfad der «kostspieligen und langwierigen Internalisierung von EU-Recht begebe, obwohl am Ende des Tages gar nicht absehbar ist, ob Moldawien, die Ukraine oder Georgien jemals in die EU aufgenommen werden».
Länder brauchen kurzfristige Lösungen
Deshalb sei in diesen Ländern auch eine gewisse Frustration spürbar und kämen die Reformen nur zögerlich voran. Komme hinzu, dass die Reformen und auch die Liberalisierungen den Partnerländern erst langfristig etwas brächten, diese Länder aber auf Grund der hohen Arbeitslosigkeit kurzfristig Verbesserungen bräuchten.
Deshalb und weil Russland auf der anderen Seite Gegendruck auf diese Länder erzeuge, entwickle sich die die Ostpartnerschaft nur schleppend. Armenien oder auch Aserbaidschan beispielsweise, verzichten explizit auf solche Assoziierungsabkommen.
Geringe Erwartungen am Gipfel
Gerade mit Blick auf Russland konstatiert Michael Leigh, der frühere Direktor der EU-Generaldirektion für Erweiterung, weitere Fehler auf Seiten der EU. Sie habe nicht im Voraus überlegt, wie diese Politik in Russland ankommen könnte.
Und auch wenn die EU den eigenen Einfluss ausdehnen wolle, so habe sie in der Vergangenheit nie darauf hingewiesen, dass Assoziierungsabkommen mit der EU verträglich mit Freihandelsabkommen mit Russland und also nicht gegen Russland gerichtet seien. Das mache sie erst jetzt.
Was also ist vom heutigen Gipfel zu erwarten? Einen Ausblick auf baldige Mitgliedschaft dieser Länder ist ausgeschlossen. Die EU kämpft zurzeit mit zu grossen eigenen Problemen: mit der Wirtschaftskrise, der Flüchtlingskrise oder der Griechenlandkrise. Da ist die Bereitschaft, neue Länder aufzunehmen, gleich null. Stattdessen werden die Staats- und Regierungschefs der EU vor allem betonen, dass ihnen trotz allem viel an der Ostpartnerschaft gelegen ist.