«Früher haben wir hier Baumwolle angepflanzt. Das machen wir nicht mehr.» Farmer William Moore winkt ab. Heute verdiene er sein Geld mit Sojabohnen, Mais – und Catfish (Katzenwels).
Der 65-jährige Moore lebt am unteren Ende des Mississippi-Flussdeltas. Hier erstrecken sich mehrere Fisch-Teiche oder eher: Fisch-Seen. «Die künstlichen Teiche sind sechs bis sieben Hektaren gross. Insgesamt haben wir 34 davon.»
Das ergibt eine Gesamtfläche von 285 Fussballfeldern. Rund dreieinhalb Millionen Catfishes leben allein in den Aquakulturen von William Moore. Sechs Angestellte kümmern sich um die Fütterung der Tiere. Die Tiere leben auf dem Teichgrund. Nur, wenn es Futter gibt, kommen sie an die Oberfläche.
«Die Konkurrenz ist mörderisch»
«Die letzten zehn Jahre waren für uns Catfish-Farmer kein Zuckerschlecken. Einige Kollegen gingen Pleite. Das Futtergetreide für die Tiere ist teuer. Und wir brauchen viel Diesel, um die Seen zu belüften», erklärt Moore.
«Die Konkurrenz aus dem Ausland, sie ist mörderisch. In Vietnam zahlen sie kaum dieselben Löhne wie wir hier. Und im Mekong-Delta leben die Fische in Käfigen, es braucht keine künstlichen Seen. Futter braucht es auch nicht viel. Es ist einfach alles billiger.»
Die gleichen Klagen hört man auch in Belzoni, einer Kleinstadt, die sich stolz als Catfish-Hauptstadt der Welt bezeichnet. Einst befanden sich hier die meisten Aquakulturen, erzählt Dianne Grant vom Catfish-Museum: «Wir haben viele Stellen verloren, seit das Catfish-Geschäft unter Druck gekommen ist. Leute zogen von hier weg.»
Heute befinden sich in Belzoni noch zwei Catfish-Verarbeitungsfirmen. Sie sind die letzten verbliebenen grossen Arbeitgeber. 2002 war die Fisch-Industrie in Mississippi noch ein Zwei-Milliarden-Dollar-Geschäft. Heute hat sich dieser Wert halbiert, was sich auf die Arbeitsplätze in dieser strukturschwachen Gegend auswirkt. Und deshalb kommt hier auch die Anti-Globalisierungs-Politik von Donald Trump so gut an.
Starke Nachfrage nach billigen Alternativen
Dabei liegt der Hauptgrund für die gesunkene Nachfrage in den USA: Amerikaner essen statt Catfish billigeren weissen Fisch aus dem Ausland, sagt Jimmy Avery von der Mississippi State University: «Die Konkurrenz des Catfish heisst Tilapia, Pangasius, Basa, Swai und kommt meistens aus Südostasien. Und weil diese weissen Fischsorten von der Textur und vom Geschmack her ähnlich sind, werden in Restaurants oft diese anstelle von Catfish serviert.»
Als Reaktion setzte die Catfish-Lobby in Washington zuerst durch, dass in den USA nur Catfish aus heimischen Farmen so genannt werden darf. Importierter Fisch muss einen anderen Namen tragen. Dann hievte einer der US-Senatoren aus Mississippi eine Bestimmung ins Landwirtschaftsgesetz, die eine spezielle Inspektion von ausländischem Catfish verlangt. Mit bürokratischen Hürden und höheren Kosten beim Import.
Catfish, Austern, gerne frittiert
Vietnam will die Inspektion als unzulässiges Handelshemmnis einklagen. Und auch in den USA ist diese Sonderregelung für Catfish unter Beschuss geraten, weil sie Millionen an Steuergeldern kostet.
Jimmy Avery versteht die Aufregung nicht. Es gehe nicht um Protektionismus, sondern um Konsumentenschutz, behauptet er. Käme es zu einem Produkte-Rückruf, würden viele Konsumenten alle weissen Fische in einen Topf werfen, auch den Catfish. Die Catfish-Industrie könnte sich von einem solchen Schlag nicht mehr erholen, glaubt Avery.
Die Einheimischen lieben Catfish, und eines der besten Restaurants dafür im Süden Mississippis ist das Taylor Grocery & Restaurant. Fast alle Tische sind besetzt. Würde überall so viel Catfish gegessen wie hier, wäre die Welt der Catfish-Farmer noch in Ordnung.
Jacob, der Koch empfiehlt: «Austern, Krevetten, Catfish – alles frittiert. Sehr gut läuft hier der Catfish.» Nur Maddy verrät, dass sie heute, an ihrem 81. Geburtstag, zur Feier des Tages für einmal Austern esse. Frittiert natürlich, wir sind ja schliesslich in Mississippi.