Das Parlament Hongkongs hat eine von der Regierung in Peking initiierte Wahlrechtsreform abgelehnt. Sie war von der Demokratiebewegung in der chinesischen Sonderverwaltungszone als unzureichend kritisiert worden. Das neue Gesetz sah vor, dass der oberste Verwaltungschef Hongkongs ab 2017 vom Volk gewählt würde. Allerdings wären nur Kandidaten zur Wahl gestanden, die vorab von der Zentralregierung in Peking genehmigt worden wären.
SRF News: Martin Aldrovandi, das Hongkonger Parlament hat nun das neue Wahlgesetz und damit die Wahlreform abgelehnt. Was das zu erwarten?
Martin Aldrovandi: Ja, eigentlich schon. Das demokratische Lager im Parlament hat immer gesagt, dass sie nicht für diese Wahlreform stimmen werde. Es gab zwar Versuche, einige Parlamentarier umzustimmen, da ja eine Zweidrittelmehrheit benötigt wurde. Das hat aber nicht geklappt.
Nach dem Scheitern der Reform kann Peking weiterhin die Kandidaten nominieren. Es wird also vorerst keine Wahlen geben. Hongkong ist damit in Sachen Demokratie auf Feld 1 zurückgekehrt. Wird der nächste Regierungschef nun nach dem alten Verfahren gewählt?
Genau. Das hat Peking ja auch immer gesagt. Die Leute, die für das neue Wahlverfahren waren, argumentierten, dass die Hongkonger mit dem neuen Wahlgesetz wenigstens etwas hätten. Darauf hätten sie bauen können. Mit der Ablehnung der Wahlreform hätten sie gar nichts. Die Frage ist nun, ob Peking das wirklich so durchziehen kann mit der Rückkehr zum alten Verfahren. Der Druck wird sehr gross sein, weil das Versprechen, dass es in Hongkong irgendwann einmal direkte Wahlen geben wird, weiterhin besteht.
Wie geht es jetzt weiter? Ist eine demokratische Wahlreform für die nächsten Monate oder gar die nächsten Jahre vom Tisch?
Ich würde sagen sicher für einige Monate. Peking würde das Gesicht verlieren, wenn sie sagen würden «Jetzt machen wir trotzdem etwas, nachdem ihr das neue Gesetz abgelehnt habt». Ich gehe aber nicht davon aus, dass die Reform jetzt für Jahre vom Tisch ist. Dafür ist der Druck zu gross und es gab schon sehr viele Demonstrationen. Die Hongkonger würden sich das auch nicht gefallen lassen, wenn sie für alle Ewigkeit ihren Regierungschef nicht selbst wählen könnten.
Das Gespräch führte Susanne Schmugge.