Sie sind heute Morgen in Gaza eingetroffen. Wie geht es den Einwohnern?
Pascal Weber, SRF-Korrespondent: Die Leute sind unsäglich müde und hoffnungslos. Sie haben genug vom Krieg. Ich habe heute eine Frau mit ihrer siebenköpfigen Familie getroffen, die alles verloren hat: Sie sass in ihrem zerbombten Haus im komplett zerstörten Viertel Shijaiya.
Sie und ihre Kinder suchten ihre letzten Habseligkeiten zusammen, gruben Matratzen und Decken aus den Trümmern. Sie wussten nicht wohin sie gehen würden und wo sie heute Abend schlafen würden.
Was einen zudem mitnimmt, ist die Hoffnungslosigkeit, die Apathie der Menschen. Sie versuchen, irgendwie weiterzuleben, auch wenn sie nicht wissen, wie sie das anstellen sollen. So stand eine Frau vor ihrem Haus und wischte den Boden, obwohl von ihrem Haus gerade noch ein kleiner Teil des Fussbodens übrig geblieben ist. Die Menschen sind so verloren, dass sie irgendeine vertraute Handlung ausführen, um Halt zu finden. Wobei die Handlung an sich keinerlei Sinn macht.
Was hat Sie am meisten beeindruckt?
Das Ausmass der Zerstörung ist unglaublich. Da wurden ganze Viertel dem Erdboden gleich gemacht, kein Haus steht mehr. Bis Gaza wieder aufgebaut ist, werden 10 bis 20 Jahre vergehen – wenn nicht wieder ein Krieg dazwischen kommt.
Die Waffenruhe dauert noch immer an. Sind die Menschen der Meinung, dies sei das Ende des Krieges?
Sie sind sehr vorsichtig. Die Leute hoffen, dass der Krieg damit beendet ist, aber niemand verlässt sich darauf.
Kann die Hamas aus dem Krieg Kapital schlagen? Oder sind die Leute ob der vielen Opfer eher wütend auf die Islamisten?
Die Meinungen sind erstaunlich geteilt. Es gibt Leute, welche die Hamas verteidigen und glauben, die Hamas gehe gestärkt aus dem Krieg hervor. Ein Vater hat gesagt, er würde sofort alle seine zehn Söhne in den Kampf gegen Israel schicken. Auf der anderen Seite hört man leise, aber doch vernehmbare Kritik an Hamas. Die Kritik an sich ist nicht neu, aber dass sie nun auch vor laufender Kamera geäussert wird, überrascht mich.