Im Völkermord-Prozess gegen den ehemaligen serbischen General Ratko Mladic hat die Verteidigung ihren ersten Zeugen aufgerufen. Dem 72-Jährigen Mladic werden in dem Verfahren vor dem UNO-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag die schlimmsten Kriegsverbrechen in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg zur Last gelegt.
Er soll auch für die Ermordung von mehr als 7000 Muslimen in der bosnischen Enklave Srebrenica 1995 verantwortlich sein. Mladic erklärt sich unschuldig in allen elf Anklagepunkten. Seine Verteidiger wollen über 300 Zeugen zu seiner Entlastung aufrufen.
Für SRF-Korrespondentin Elsbeth Gugger verfolgen sie nur ein Ziel, nämlich ihren Mandanten reinzuwaschen. So äusserte einer der Verteidiger bereits im Vorfeld, dass es keinesfalls die Absicht seines Mandanten gewesen, die muslimische Bevölkerung aus serbischen Gebien zu vertreiben. Mit dem Massaker von Srebrenica habe Mladic zudem nichts zu tun.
Mehr als 10'000 Tote in Sarajevo
Als erster Zeuge sagte ein ehemaliger serbischer Offizier aus. Er gab an, dass er bei der Belagerung von Sarajewo von 1992 bis 1995 nie den Befehl erhalten habe, zivile Ziele anzugreifen und auf Bürger zu schiessen.
Die Anklage beschuldigt Mladic, den Dauerbeschuss der Stadt befohlen zu haben. Bei dem Beschuss der bosnischen Hauptstadt durch serbische Truppen und Scharfschützen waren von 1992 bis 1995 mehr als 10'000 Menschen getötet worden.
Mladics Flucht dauerte 16 Jahre
Bereits vor einigen Wochen waren Mladics Anwälte mit einem Antrag auf Freilassung gescheitert. Der vorsitzende Richter Alphons Orie sagte damals, dass die Anklage anhand von Zeugenaussagen und Mladics Kriegstagebuch beweisen könne, dass der Ex-General an der Vertreibung der muslimischen Bevölkerung aus den serbischen Gebieten beteiligt gewesen sei. Auch für andere Anklagepunkte gebe es genügend Beweise, so Orie.
Der Ex-General mit dem Beinamen «Schlächter des Balkans» war nach 16 Jahren auf der Flucht 2011 in Serbien festgenommen und dem Gericht in Den Haag übergeben worden.
Urteil fällt vermutlich erst 2016
Bereits seit zwei Jahren läuft der Prozess. Die Gründe für das langwierige Prozedere seien Komplex, so SRF-Korrespondentin Elsbeth Gugger. «Zum einen mahlen die Mühlen der internationalen Strafjustiz langsam, zum anderen handelt es sich um ein hochkomplexes Verfahren, da die Verbrechen in einem anderen Land begangen wurden und die Zeuginnen und Zeugen anderswo wohnen.»
Von daher sei nicht von einem raschen Prozessverlauf auszugehen, so Gugger. «Ich denke, dass der Prozess irgendwann im nächsten Jahr abgeschlossen wird, und das Urteil dann etwa ein Jahr später kommt, also 2016.» Bei einer Verurteilung droht dem Angeklagten lebenslange Haft.