Die Sprache im neuen Bericht ist überaus deutlich. In Eritrea seien Verbrechen gegen die Menschlichkeit seit 25 Jahren weit verbreitet, schreibt die UNO-Untersuchungskommission über Menschenrechte in Eritrea. In Internierungslagern und Militäreinrichtungen soll systematisch grausame Gewalt stattfinden. Die Rede ist von Folter, Sklaverei, Tötungen, Vergewaltigungen und verschwundenen Personen. Die eritreischen Behörden würden damit ein Klima der Angst verbreiten. Dies um die Bevölkerung zu kontrollieren und jegliche politische Opposition zu unterdrücken.
«Ein autoritärer Staat»
Eine deutliche Meinung äussern die Verfasser des UNO-Berichts auch über das eritreische Regime, das seit 1991 an der Macht ist. «Eritrea ist ein autoritärer Staat», schreiben sie. Es gebe weder eine unabhängige Justiz noch funktionierende demokratische Institutionen. Problematisch sei auch der Militär- und Nationaldienst in Eritrea. Junge Eritreer müssen zum Teil jahrelang Dienst leisten, ohne dass sie wissen, wann die Dienstzeit enden soll. Für viele Beobachter ist dies ein willkürliches System.
Laut dem UNO-Bericht ist der Militär- und Nationaldienst einer der Hauptgründe dafür, dass Eritreer nach Europa fliehen. Gemäss UNO-Angaben haben im Jahr 2015 insgesamt 47‘025 Eritreer in Europa Asyl beantragt. Viele von ihnen hätten dafür den gefährlichen Weg über das Mittelmeer in Kauf genommen.
Keine Verbesserung der Menschenrechte
Der UNO-Bericht macht führende Staatsvertreter, Parteifunktionäre und Offiziere für die schweren Menschenrechtsverletzungen verantwortlich. Die Schlussfolgerung ist ernüchternd: Seit dem letzten Bericht vor einem Jahr habe es in Eritrea keinerlei Verbesserung bei den Menschenrechten gegeben. Und gleichzeitig mahnen die UNO-Berichterstatter, man dürfe sich nicht vom Bild der Ruhe und Normalität blenden lassen, wie es die gelegentlichen ausländischen Eritrea-Besucher erlebten. Denn die Gewalttaten fänden nicht auf den Strassen der Hauptstadt Asmara statt, sondern hinter den Mauern von Gefängnissen und Militärlagern.
Die UNO-Untersuchungskommission konnte für ihre Recherchen nicht nach Eritrea reisen, weil das die dortige Regierung nicht zugelassen hatte. Der Bericht beruht unter anderem auf Interviews mit Eritreern, die nach Äthiopien, Europa und Nordamerika geflüchtet sind. Ende Juni wird sich auch der UNO-Menschenrechtsrat in Genf mit dem Eritrea-Bericht befassen.
Internationaler Strafgerichtshof soll beizogen werden
Das UNO-Gremium kommt zum Schluss, dass die Internationale Gemeinschaft nun mit härteren Bandagen gegen das Unrechtsregime vorgehen müsse. So solle sich auch der Internationale Strafgerichtshof mit der Situation in Eritrea befassen. Die einzelnen UNO-Mitgliedsstaaten müssten Tatverdächtige in ihren Ländern strafrechtlich verfolgen und ausliefern, damit die Mächtigen für diese Gräueltaten zur Verantwortung gezogen würden.