Als er die Bilder von russischen Soldaten und Panzern auf der Krim sah, habe er sich schlagartig ins Jahr 2008 zurück versetzt gefühlt, sagt James Jeffrey. Damals war er stellvertretender Sicherheitsberater von US-Präsident George W. Bush.
Jeffrey war beim Kaukasus-Krieg in Georgien direkt involviert, als damals russische Truppen die georgische Armee in einem Blitzangriff aus Abchasien und Südossetien vertrieben hatten. Jeffrey sagte zur «Tagesschau»: «Damals gingen wir über diplomatische Sanktionen hinaus.»
Die Regierung Bush beorderte die US-Kriegsflotte vor die georgische Schwarzmeerküste und schickte humanitäre Hilfe in den Kaukasus-Staat. Die USA kündigte ein ziviles Nuklearabkommen mit Moskau und versuchte so, Russland auf der internationalen Ebene zu isolieren. Jeffrey wertet diese Aktionen als Erfolg: «Putin musste seine Soldaten schlussendlich nach Südossetien zurückziehen.»
«Reset» der US-russischen Beziehung 2009: Ein Fehler?
Die georgischen Regionen Südossetien und Abchasien hat der Westen in diesem Krieg verloren. Denn die russischen Truppen sind heute noch dort. Genau dasselbe Schicksal droht jetzt der Krim. «Ich würde sagen, die Krim ist an Russland verloren», sagt James Jeffrey und macht die Regierung Obama dafür verantwortlich.
Drei Monate nach ihrer Amtsübernahme überreichte damals eine lachende Hillary Clinton als US-Aussenministerin den symbolischen «Reset»-Knopf an ihren russischen Amtskollegen Sergej Lawrow und hob damit den Druck auf den Gegenspieler auf.
Kritik an Obamas Aussenpolitik
Jeffrey ist auf einer Linie mit den Falken (Hardlinern) im US-Kongress wie etwa Senator John McCain, der den US-Geheimdiensten «massives Versagen» vorwirft. Sie hätten den russischen Einmarsch auf die Krim nicht vorhergesehen. Einmal mehr habe die Regierung Obama die Absicht Wladimir Putins völlig verkannt.
Jeffrey sagt, die Rhetorik von Obama und Aussenminister John Kerry verfange nicht: «Es genügt nicht, zu sagen, Putin stehe auf der falschen Seite der Geschichte und die Abschreckung komme von selbst.» Die USA müssten neue Saiten gegenüber Russland aufziehen und Massnahmen auf allen Ebenen ergreifen: diplomatisch, wirtschaftlich und militärisch.
Sanktionen könnten einen Vormarsch Russlands verhindern
Eigentlich wollte Barack Obama in die Geschichte eingehen als Präsident, der Kriege beendet. Die Bevölkerung ist kriegsmüde nach den Einsätzen in Irak und Afghanistan. Darum hört man in Washington auch moderate Expertenstimmen.
John Herbst war US-Botschafter in der Ukraine zur Zeit der orangen Revolution von 2003 bis 2006. Um faire Wahlen durchzuführen, hätten die USA damals die Konten von einzelnen Beamten und Oligarchen eingefroren. Das habe eine abschreckende Wirkung gehabt. Herbst meint: «Vielleicht lassen sich die Russen tatsächlich nicht mehr von der Krim vertreiben. Aber die von den USA und der EU verhängten Sanktionen könnten Putin daran hindern, weitere Gebiete zu besetzen.» In Gefahr sind Nachbarstaaten wie Polen oder Litauen, wo russische Minderheiten leben.
Abschreckung durch US-Bodentruppen
Obama hat unterdessen Kampfflugzeuge vom Typ F-16 in diese beiden NATO-Staaten geschickt. Jeffrey und Herbst plädieren zur Abschreckung mit einer zusätzlichen Entsendung von einigen hundert US-Soldaten.
Ist der Einmarsch Russlands in einen NATO-Staat aber nicht eher unwahrscheinlich? Damit stünde Putin in direktem Krieg mit den USA, weil die NATO ihren Mitgliedern im Falle eines Angriffs helfen muss. Der ehemalige Bush-Berater James Jeffrey sagt dazu der «Tagesschau»: «Vielleicht haben Sie recht. Aber vielleicht hätten Sie vor drei Jahren auch gesagt: ‹Georgien war ein Einzelfall›».