Angesichts des drohenden Brexit ist die EU in höchster Alarmbereitschaft: Mitgliedstaaten, die Brüsseler Institutionen und die Europäische Zentralbank (EZB) haben sich intensiv auf die Zeit nach der Volksabstimmung der Briten über den Verbleib in der EU vorbereitet – auch wenn alle hoffen, dass der Brexit nicht Wirklichkeit wird.
Liveticker zur Brexit-Abstimmung
Für den Fall des Ausstiegs Grossbritanniens aus der EU hat die Zentralbank umfangreiche Vorbereitungen getroffen, um bei Finanzmarktturbulenzen eingreifen zu können. EZB-Chef Mario Draghi sagte, wichtig sei, dass nötigenfalls die Märkte stabilisiert werden könnten.
Fahrplan der EU im Fall der Fälle steht
Auf politischer Ebene steht für Tag eins nach der Entscheidung der Fahrplan fest:
- Am Freitag um 9 Uhr kommen die Fraktionsvorsitzenden der Parteien im EU-Parlament zusammen.
- Um 10.30 Uhr treffen sich die Spitzen der EU-Institutionen mit Kommissionschef Jean-Claude Juncker, Ratspräsident Donald Tusk und Parlamentspräsident Martin Schulz. Auch der niederländische Regierungschef Mark Rutte, dessen Land die halbjährlich wechselnde EU-Ratspräsidentschaft inne hat, ist dabei.
- In Luxemburg tagen die Europa-Minister. Normalerweise nehmen an den Treffen oft nicht die Minister selbst teil, sondern schicken ihre Staatssekretäre. Doch dieses Mal reisen mehrere Minister selber an, um über die Folgen des britischen Votums zu beraten.
- Für Samstag ist in Berlin ein Treffen der Aussenminister der sechs EU-Gründerstaaten in Planung. Das sind Deutschland, Frankreich, Luxemburg, Belgien, Niederlande und Italien.
- Am Montag tagt die EU-Kommission.
- Das EU-Parlament könnte am Montag oder Dienstag eine Sondersitzung abhalten, um die Lage im Plenum zu bewerten.
- Bis zum EU-Gipfel der Staats- und Regierungschefs am Dienstag und Mittwoch soll dann ein klares Konzept stehen, wie mit der Situation umgegangen wird.
Für ihre Rechtsexperten wurde bereits eine Urlaubssperre für Juli verhängt – denn der Austritt eines Mitgliedsstaates wäre juristisch vollkommenes Neuland.
Reformen oder Ausstiegsmodalitäten
Bei einem Brexit müsste die Londoner Regierung spätestens beim Gipfel offiziell den Austritt erklären. Damit würden zweijährige Verhandlungen mit der EU über die Ausstiegsmodalitäten beginnen.
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Bleiben die Briten in der EU, wird Premier David Cameron auf eine schnelle Umsetzung der im Februar vereinbarten EU-Reformen pochen. Dazu gehören die Beschränkung von Sozialleistungen für EU-Ausländer, mehr Rechte für nationale Parlamente und eine Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit.
Doch Cameron hat bereits angekündigt, dass er insbesondere bei der Zuwanderungsbeschränkung mehr will. «Ich denke, die Reformen werden nicht am 23. Juni enden», sagte er. Damit würde der EU erneut eine schwierige Debatte über die Beschränkung der Freizügigkeit in Europa ins Haus stehen.
EU-Kommissionspräsident Juncker machte aber am Mittwoch klar, dass er sich darauf nicht einlassen würde. «Britische Politiker und Wähler müssen wissen, dass es keinerlei Neuverhandlungen geben wird», sagte er zu dem vereinbarten Reformpaket und warnte mit Blick auf die Brexit-Befürworter: «Draussen ist draussen.»