Im Fall der 30 inhaftierten Besatzungsmitglieder des Greenpeace-Schiffs «Arctic Sunrise» hat ein Gericht in St. Petersburg die russische Ärztin Jekaterina Saspa und den russischen Fotografen Denis Siniakow auf Kaution freigelassen. Sie wurden jeweils gegen die Zahlung von umgerechnet 56'000 Franken auf freien Fuss gesetzt.
Am späten Montagabend liess das Gericht auch Andrej Allachwerdow, ein russisches Mitglied der Schiffsbesatzung, frei – ebenfalls auf Kaution in Höhe von umgerechnet 56'000 Franken.
Gericht gibt Druck etwas nach
Die drei auf Kaution Freigelassenen sind wie die übrigen 27 noch inhaftierten Greenpeace-Aktivisten wegen Rowdytums angeklagt. Russland hatte zuletzt die ursprünglich erhobenen Vorwürfe der Piraterie fallengelassen und die Aktivisten wegen Rowdytums angeklagt. Letzter Tatbestand wird in Russland mit bis zu sieben Jahren, Piraterie hingegen mit bis zu 15 Jahren Haft geahndet.
Die Entscheidung der Herabstufung galt als erstes echtes Zugeständnis der Justiz nach internationalen Forderungen, im Fall der «Arctic Sunrise»-Besatzung Milde walten zu lassen. Offiziell wurde der Tatvorwurf der gemeinschaftlichen Piraterie aber noch nicht fallen gelassen
Freilassung hatte wohl auch politische Gründe
Für den SRF-Korrespondenten Christof Franzen kam der Richterspruch dennoch überraschend, hatten doch in der jüngsten Vergangenheit alle 30 Besatzungsmitglieder der «Arctic Sunrise» immer dieselbe Strafe erhalten.
«Allerdings war für Beobachter auch klar, dass die Gerichte früher oder später unterscheiden werden, ob jemand nur als Koch oder Ärztin auf dem Schiff war oder aktiv an den Protesten beteiligt.»
Dieser Fall sei nun erstmals – früher als erwartet – eingetreten. «Am Ende war es wohl aber auch eine politische Entscheidung», so der SRF-Russlandkorrespondent.
«Diese Affäre ist wirklich ein Zirkus»
Das Gericht entschied auch, dass der australische Aktivist Colin Russell drei weitere Monate bis zum 24. Februar 2014 hinter Gittern bleiben muss. Es bestehe Fluchtgefahr.
«Die Behörden sagen, dass sie drei weitere Monate brauchen, um zu einem eingebildeten Vergehen zu ermitteln, das nicht in ihre Rechtshoheit fällt», kritisierte Greenpeace-Chef Kumi Naidoo. «Diese Affäre ist wirklich ein Zirkus.»
Seine Organisation kündigte an, rechtlich gegen die Untersuchungshaft der Aktivisten vorzugehen und nichts unversucht zu lassen, bis «jeder von ihnen wieder bei seiner Familie zu Hause ist».
Die Fälle der anderen Besatzungsmitglieder sollen diese Woche geprüft werden – darunter auch der des Schweizer Aktivisten Marco Weber.