«Afpakken» (zu deutsch: wegnehmen) lautet das neue Zauberwort bei den Staatsanwaltschaften in der niederländischen Südprovinz Brabant. Den Drogenkriminellen werden das verdiente Geld, die Luxusautos und alle anderen Kostbarkeiten abgenommen. Und sie werden zu einer gemeinnützigen Strafe verknurrt, wenn ihr Engagement im illegalen Drogenhandel allzu umfangreich war, aber mehr geschieht ihnen nicht.
Vielleicht sei diese Afpak-Methode ja tatsächlich effizient, sagt der niederländische Drogenexperte Jan Brouwer. «Aber», fügt der Professor für Öffentliche Ordnung und Sicherheit an, «das wollen wir doch nicht. Wir wollen, dass jeder Verdächtige einen ordentlichen Prozess bekommt.» Bei besagter Methode sei nicht deutlich, weshalb die Staatsanwaltschaft sie anwende. Vielleicht habe die Behörde auch einfach nicht genügend Beweise für einen Prozess.
Die Staatsanwaltschaft ist durch diese Vorgehensweise nicht nur die verfolgende, sondern auch die rechtsprechende Instanz, jedoch ohne die geringste Kontrolle. Richterliche Urteile werden hingegen publik gemacht, ganz im Gegensatz zu den Deals, die die Staatsanwaltschaft mit einem Hanfzüchter schliesst. Darüber stehe höchstens etwas im Jahresbericht der Behörde, bemängelt der Professor von der Universität in Groningen.
Überforderte Justiz?
In der Provinz Brabant sieht man das anders. Sie hätten so viele Drogenfälle, sie könnten einfach nicht mehr anders, sagte ein Staatsanwalt kürzlich in einer Tageszeitung. Nur schon rund um das Städtchen Tilburg gebe es mehr als 2500 Verdächtige. Müsste denen allen der Prozess gemacht werden, würde der Rechtsgang komplett verstopft.
Die Aussagen des Staatsanwaltes entfachten einen Wirbel, der ihm ein Sprechverbot eintrug, und ein paar Dutzend parlamentarische Interpellationen zur Folge hatte. Sie machten sich grosse Sorgen über dieses extreme Vorgehen der Staatsanwaltschaft in Brabant, sagt etwa die Sprecherin der Demokraten 66. Die liberale Partei möchte seit langem die Hanfzucht regulieren und hat vor Monaten einen entsprechenden Gesetzesvorschlag eingereicht.
Coffeeshops in Amsterdam sind legal
Regulieren wäre auch im Sinn von Jan Brouwer. Cannabis wird in den Niederlanden seit mehr als 40 Jahren toleriert und in Coffeeshops legal verkauft. Aber der Staat hat sich nie darum gekümmert, wie die Ware in die Haschkneipen gelangt. Im Gegenteil, in den letzten Jahren wurde die Repression gegen Hobbyzüchter intensiviert. Das führte dazu, dass immer mehr gut organisierte Drogenbanden in die Bresche gesprungen sind. Diese kämen durch die Afpak-Methode jetzt noch mehr zum Zug, sagt der Professor, der den Staatsanwälten in Brabant ökonomische Kurzsichtigkeit vorwirft.
Täglich spürten die Staatsanwälte im Süden einen oder zwei Hanfzüchter samt ihren Plantagen auf. Das habe preisliche Folgen. Ein Cannabis-Steckling koste inzwischen 7 Euro 50. 6 Euro mehr als vorher, weiss Drogenexperte Brouwer.
Anders ausgedrückt bedeutet das, dass der Mangel, der durch die Afpak-Methode entsteht, den Anbau für Drogensyndikate also nur noch viel lukrativer macht. Ob der Justizminister das Vorgehen seiner Behörde billigt, ist noch immer unbekannt. Er hat die vielen Fragen der Parlamentarier noch immer nicht beantwortet.