Vier ultraorthodoxe Juden wurden bei dem Attentat getötet. War das nun ein politisch oder religiös motivierter Anschlag?
SRF-Korrespondent Pascal Weber: Meine Einschätzung ist die, dass aus den politischen Motiven längst auch religiöse dazukommen.
Was war eigentlich die Ursache?
Der Nahost-Konflikt ist nie als Abfolge von Einzelereignissen zu erklären. Viele Faktoren spielen hier eine Rolle. Sicher haben der Tod des arabischen Busfahrers und die Eskalation rund um den Tempelberg als Nährboden für die Terrorakte gedient. Man darf aber nicht den Einfluss der israelischen Rechte vergessen, die den Status von Jerusalem verändern möchten. Das bewegt die palästinensische Volksseele sehr und führt bei ihr zu grossen Ängsten.
Der palästinensische Präsident Mahmoud Abbas hat sich von dem Attentat distanziert. Aber hat er überhaupt noch Einfluss auf das Geschehen in Jerusalem?
Nein, das hat er nicht. Sicher liegt es nicht in seinem Interesse, dass sich die Lage in Israel zuspitzt. Bei diesem jüngsten Verbrechen handelt es sich, meiner Meinung nach, um einen nicht organisierten Aufstand. Und da gibt es in der arabischen Welt keine nennenswerte Autorität, die diese Gewaltakte eindämmen könnte.
Sie sind ein Kenner der arabischen Welt. Wie gross ist die Angst in Ostjerusalem vor Racheakten?
Gering. Die Palästinenser haben wenig zu verlieren. Wahrscheinlich aber werden die Häuser der beiden Attentäter zerstört, wie das auch schon in der Vergangenheit gemacht wurde. Wir dürfen nicht vergessen, dass Netanjahu unter immensem Druck seitens der Rechten steht. Man munkelt auch schon von Neuwahlen.