«Das Blutvergiessen in Syrien muss gestoppt werden.» Darin stimmen die USA und Russland überein. Über diese eher vage Aussage geht die Einigkeit der beiden Länder aber nicht hinaus.
Zwar vereinbarten US-Aussenminister John Kerry und sein russischer Amtskollege Sergej Lawrow letzte Woche eine Syrienkonferenz. Doch der Termin steht noch nicht fest. Zunächst war von Ende Mai die Rede. Darauf folgte rasch eine Meldung der russischen Agentur Interfax. Sie berief sich auf Regierungskreise und meldete: «Es gibt eine gewisse Aktivität. Aber irgendwelche kurzfristigen Zeiträume festzusetzen, ist unrealistisch.»
Nun stehen Termin Anfang Juni oder im weiteren Verlaufe des Monats im Raum. Man wolle sich zusammensetzen. Das haben Kerry und Lawrow auch am Mittwoch in Schweden nochmals unterstrichen. Doch der diplomatische Korrespondent von Radio SRF, Fredy Gsteiger, ist skeptisch: «Es ist nicht einmal sicher, ob es überhaupt zu einer Konferenz kommen wird.»
Termin und Format sind unklar
Für seine Zweifel nennt Gsteiger neben den unklaren Terminvorstellungen vor allem einen Grund: Das Format der Konferenz ist offen. Zentrale Punkte sind ungeklärt. Wer soll an der Konferenz teilnehmen? Darüber sind die Länder zerstritten. Russland will Iran mit an Bord nehmen, die USA wollen das nicht. Dafür sprechen die Amerikaner sich für Saudi-Arabien aus, was Moskau ablehnt. Und einige arabische Länder lassen schon durchblicken: Israel ist als Teilnehmer nicht willkommen.
Zudem ist nicht deutlich, ob die Konferenz der Anfang eines Verhandlungsprozesses zwischen Syriens Regime und der Opposition sein soll. Oder ob Ultimaten gesetzt werden dürften.
Neuauflage der Genfer Syrienkonferenz?
Zu viele Fragen bleiben unbeantwortet. Gsteiger sagt: «Die Gefahr wächst, dass es zu einer Neuauflage der Genfer Syrienkonferenz kommen wird.» Ende Juni des vergangenen Jahres kamen auf Einladung von UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon wichtige Länder zusammen, um über die Zukunft Syriens zu diskutieren. Kofi Annans ambitiöser und vom Westen unterstützter Friedensplan fand in wichtigen Punkten aber kein Gehör. Man einigte sich auf eine friedliche Lösung. «Doch man sagte nicht, wie es dazu kommen kann», sagt Gsteiger. Ausserdem sei nicht klar geworden, wer einer Übergangregierung in Syrien angehören solle. Gsteiger bilanziert: «Die Konferenz hat in einem Flop geendet.»
Die Kluft zwischen Amerikanern und Russen hat sich seitdem weiter vertieft. Russland liefert dem Regime von Bashar al-Assad S-300-Raketensysteme. Vier Systeme im Wert von knapp einer Milliarde US-Dollar sind es gemäss Agenturmeldungen. Zwar hatte Moskau Waffenlieferungen an Damaskus im vergangenen Jahr ausgesetzt. Nun aber fliessen Millionenbeträge aus Syrien für die bereits 2010 unterzeichneten Rüstungsverträge. Die S-300-Systeme gelten für das Assad-Regime als wichtiger Trumpf. «Damit wäre Assad zu einem guten Teil vor einem internationalen Eingreifen geschützt», sagt Gsteiger.
Angst vor Islamisten nimmt zu
Die USA verurteilen die Waffenlieferungen. Sie unterstützen grundsätzlich die syrische Opposition. Doch die Unterstützung hat laut Gsteiger abgenommen, seitdem bekannt wurde, dass Teile der Opposition Menschenrechtsverbrechen begangen und möglicherweise C-Waffen eingesetzt haben sollen. Zudem fürchten sich die Amerikaner vor den radikalen Islamisten, die eine immer grössere Rolle im Konflikt spielen.
Insgesamt eine düstere Ausgangslage für eine anstehende Konferenz: Nicht nur wegen der Uneinigkeit zwischen Washington und Moskau, sondern auch weil andere Länder in der Region einem forschen amerikanisch-russischen Eingreifen kritisch gegenüberstehen.