Am Ende konnte selbst James Bond die Sache nicht wenden: Darsteller Daniel Craig vermochte den UNO-Nothilfegipfel ebenso wenig zum Erfolg zu machen wie Filmstar Ashley Judd und all die anderen Prominenten, die die Vereinten Nationen aufmarschieren liessen.
Traurige Tatsache bleibt vielmehr: In Syrien wirft das Regime Fassbomben auf Zivilisten ab. Ganze Städte werden mutwillig, ja böswillig von humanitärer Hilfe abgeschnitten. Wer es schafft zu fliehen, dem droht ein Leben in Flüchtlingslagern, denn reiche Länder machen die Schotten dicht. Das internationale Recht, das Zivilisten schützen soll, wird mit Füssen getreten.
UNO scheitert an eigenen Ambitionen
IKRK-Präsident Peter Maurer formulierte denn auch treffend, dass die Lücke zwischen zwischen Kriegsvölkerrecht und Realität immer grösser werde. Die UNO wollte diese Lücke mit ihrem ersten Nothilfegipfel schliessen. Allerdings nahm sie sich allzu viel vor. Generalsekretär Ban Ki-Moon prägte den Gipfelslogan: «One humanity» (dt. eine Menschheit).
Es war ein grosses Wort, ein zu grosses. Viel zu viel packte der UNO-Generalsekretär in das Treffen, von der Entwicklungshilfe über den Klimaschutz zum internationalen Recht und der praktischen Zusammenarbeit, von offenen Armen für Flüchtlinge über mehr Prävention bis zu mehr Kooperation und mehr finanziellen Mitteln. Ban, der Ende Jahr seinen Posten verlässt, arbeitete an seinem Denkmal. Das ist kein gutes Rezept für einen Gipfel, der praktische Ergebnisse liefern sollte.
«Ärzte ohne Grenzen» kamen nicht
Auch die humanitären Organisationen traten keineswegs geschlossen auf. Eine der grossen, die «Ärzte ohne Grenzen», blieben der Grossveranstaltung gar fern. Sie kritisierten damit die mangelnde Fokussierung auf unmittelbare praktische Probleme. Damit sicherten sie sich zwar Aufmerksamkeit. Ob sie der Sache gedient haben, ist jedoch eine andere Frage.
Ohnehin ziehen jene, die helfen wollen, nicht immer am selben Strick. Die UNO-Hilfswerke beanspruchen eine Führungsrolle, private Hilfswerke lehnen diese ab. Viele sehen einander nach wie vor eher als Konkurrenten denn als Partner. Dazu kommt, dass in Istanbul zwar viel davon die Rede war, dass mehr Hilfsgeld direkt zu lokalen humanitären Akteuren fliessen sollte. Doch zugleich traut man diesen nicht.
Und schliesslich ist es eine Tatsache, dass manche den Notleidenden eher das bieten, was sie eben gut anbieten können, als das, was die Opfer tatsächlich brauchen. Darüber wird ungern diskutiert.
125 Millionen Menschen auf Hilfe angewiesen
Am offenkundigsten versagten jedoch die Regierungen, zumindest viele von ihnen. Zwar anerkennen alle die Dimension des Problems. Die mehr als 125 Millionen Menschen, die zurzeit auf humanitäre Hilfe angewiesen sind – mehr als je seit dem Zweiten Weltkrieg – lassen sich nicht einfach wegdiskutieren.
Doch die meisten Staats- und Regierungschefs blieben dem UNO-Nothilfegipfel fern. Sie schickten bestenfalls Minister oder Beamte. Von den G7-Ländern war einzig die deutsche Kanzlerin vertreten. Andere, die sonst auf ihre Weltgeltung pochen, gingen auf Tauchstation, etwa die Mächtigen aus Russland, China, Indien, Saudi-Arabien oder Brasilien. Soviel zur Prioritätensetzung.
Ein internationaler Schulterschluss, ein lauter Appell zur Verteidigung, zur Stärkung des humanitären Kriegsvölkerrechts blieb so aus. Es blieb ein Gipfel des Jammerns, das durchauss begründet war. Es blieb ein Gipfel, an dem manche Hilfe forderten, andere Hilfe versprachen. Es war ein Gipfel, der viele Probleme benannte, aber keine löste. Nach dem Motto: Gut, dass wir darüber geredet haben. Das reicht nicht.