Eine Welle des Unmuts über das Establishment hat bei der US-Präsidenten-Vorwahl im Bundesstaat New Hampshire Partei-Aussenseiter zu Siegen getragen. Bei den Republikanern siegte Immobilien-Milliardär Donald Trump, bei den Demokraten der linke Senator Bernie Sanders. Was bedeutet dieses Resultat für den weiteren Verlauf des Nominierungs-Wahlkampfs? Antworten darauf hat SRF-Korrespondentin Priscilla Imboden.
- Sanders und Trump triumphieren Sanders und Trump triumphieren
- «Viele Dynamiken in diesem Wahlkampf sind neu» «Viele Dynamiken in diesem Wahlkampf sind neu»
- Bernie Sanders – der neue Roosevelt oder eher Don Quijote? Bernie Sanders – der neue Roosevelt oder eher Don Quijote?
- Die Jagd auf Delegiertenstimmen: 6 Fragen und Antworten Die Jagd auf Delegiertenstimmen: 6 Fragen und Antworten
SRF News: Was sagt es aus, dass Trump und Sanders so viel Zuspruch erhalten?
Priscilla Imboden: Es ist eine grosse Ohrfeige für das Establishment beider Parteien. Die Wählerinnen und Wähler sind offensichtlich unzufrieden mit der Art der Politik der Demokraten und der Republikaner und deren Parteivertretern. Sie wollen jemanden von aussen, der das Partei-Establishment aufmischt.
Trump wettert gegen jeden und alles, Sanders spricht von kostenlosen Unis und sozialem Ausgleich; offensichtlich kommen bei den Wählern Wut oder das Versprechen, alles umzukrempeln, gut an. Kann man von Trump und Sanders aber auch eine andere, realistischere Politik erwarten?
Das ist schwierig zu sagen. Sanders Versprechen kosten viel Geld. Dieses will er bei den Reichen holen, beispielsweise um die kostenfreien Unis zu finanzieren. Schliesslich hätten die Reichen das Geld dem Mittelstand in der Vergangenheit weggenommen, argumentiert der Klassenkämpfer. Er sagt aber nie, wie er diese Idee durch den Kongress bringen will. Denn das ist aus heutiger Sicht kaum möglich.
Heisst das, dass die Wähler von den Kandidaten Luftschlösser akzeptieren?
Den Wählern gefallen Sanders politische Positionen und auch, dass er die Wähler ernst nimmt. Er spricht von einer «politischen Revolution» und möchte einen Wandel im US-Politsystem herbeiführen. Er hofft auf eine Volksbewegung, die genügend Druck auf den Kongress ausübt, damit seine Ideen dort dann auch durchkommen. Doch es ist äusserst zweifelhaft, ob dies möglich ist; und falls ja, dann nur während einer sehr langen Zeitdauer.
Dass Sanders bei den Demokraten in New Hampshire gewinnen würde, war erwartet worden, nicht aber die Deutlichkeit des Vorsprungs gegenüber Hillary Clinton. Ist nun ihre Kandidatur ernsthaft in Gefahr?
Nein, nicht aus heutiger Sicht. Als nächstes sind bei den Vorwahlen Staaten im Süden und Westen der USA an der Reihe, die eine durchmischtere Bevölkerung haben als das kleine New Hampshire, das im Nordosten des Landes liegt. Alle Umfragen weisen bislang darauf hin, dass Clinton bei diesen Menschen viel besser abschneidet als Sanders. Deshalb dürfte Clinton Sanders in den kommenden Wochen abhängen.
Trump ist wieder auf Kurs.
Bei den Republikanern hat Donald Trump seine Niederlage von Iowa wettgemacht, was heisst das für ihn?
Damit kommt Trump nun wieder auf Kurs, denn Iowa war für ihn eine grosse Schlappe. Seine ganze Kampagne ist darauf aufgebaut, dass er eine Siegerfigur ist, dass er der Beste, der Gewinner ist. Wenn er dann wie in Iowa von einem anderen Kandidaten geschlagen wird, schadet das seinem Image, mit dem er Erfolg haben will, enorm.
Was ist mit den anderen republikanischen Kandidaten? In Iowa gewann Ted Cruz, nun in New Hampshire liefert er sich mit Jeb Bush und Marco Rubio einen Kampf um Platz drei. Kann einer der Verfolger Trump noch ernsthaft bedrängen?
So lange sich bei den Republikanern noch derart viele Kandidaten um die Establishment-Stimmen bewerben, kann keiner Trump gefährden. Dafür müssten zuerst einige von ihnen aus dem Rennen aussteigen. Denn die jetzige Situation – Trump erhält alle Proteststimmen, die Establishment-Stimmen dagegen werden auf ein halbes Dutzend oder mehr Kandidaten aufgeteilt – gereicht Trump zum Vorteil. Auch in New Hampshire wurde aber keine Klarheit geschaffen. Möglicherweise zieht sich Chris Christie bald zurück, doch auch dann wären es immer noch viel zu viele Kandidaten, die um die Establishment-Stimmen buhlen.
Das Gespräch führte Brigitte Kramer.