In der Türkei verhärten sich die Fronten: Während sich Zehntausende Regierungsgegner zu grossen Protesten versammelten, zeigte sich Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan kämpferisch.
In mehreren Reden rief Erdogan die Demonstranten zur Ordnung und deutete in Ankara ein weiteres Einschreiten an: «Wir waren geduldig, wir sind geduldig, aber es gibt ein Ende für die Geduld.» Zugleich forderte er seine jubelnden Anhänger dazu auf, den Kritikern an der Wahlurne im kommenden Jahr eine «Lehre zu erteilen», wenn über den künftigen Präsidenten abgestimmt wird.
Erdogan gegen den «spaltenden Samen»
Vorgezogene Wahlen hat Erdogans AKP ausgeschlossen. «Die Regierung funktioniert wie ein Uhrwerk», sagte Vize-Parteichef Hüseyin Celik. In der Türkei finden im August 2014 die Präsidentschaftswahlen und im Juni 2015 Parlamentswahlen statt.
Auf dem Adana-Flughafen rief Erdogan: «Erlaubt denen, die versuchen, spaltendem Samen zu sähen, nicht, dies zu tun.» Zugleich betonte er immer wieder, am umstrittenen Umbau des Taksim-Platzes festzuhalten. Die Pläne waren vor einer Woche Auslöser der schwersten Unruhen in der Türkei seit Jahrzehnten. Bei den Protesten wurden Rettungskräften zufolge landesweit drei Menschen getötet und nahezu 5000 verletzt.
«Tayyip, tritt zurück»
In den Istanbuler Stadtteilen Kizilay und Gazi ging die Polizei am Wochenende erneut mit Tränengas und Wasserwerfern gegen Demonstranten vor. Tausende Fans der drei grossen Fussballclubs der Metropole schlossen sich den Forderungen nach einem Rücktritt Erdogans an, der wiederum seit Beginn der Proteste versucht, seine Arbeit wie gewohnt fortzusetzen.
«Tayyip, tritt zurück» und «Arm in Arm gegen den Faschismus», skandierten die im Protest vereinten Fussballfans auf dem Taksim-Platz. Seit Tagen übernachten dort Erdogan-Gegner in Zelten, demolierten Bussen oder unter freiem Himmel.
Sie haben Dutzende Barrikaden aus herausgerissenen Strassensteinen, Schildern und Autos errichtet. «Sollen sie uns doch angreifen, sie können uns nicht stoppen» rief ein Anhänger der Kommunistischen Partei über Lautsprecher von einem Transporter. Am späten Samstagabend ging die Polizei in Kizilay mit Tränengas und Wasserwerfen gegen Demonstranten vor. Diese entzündeten Feuer in den Strassen und versuchten, Barrikaden zu errichten.