Die Gezi-Proteste in der Türkei waren der Aufschrei einer ganzen Bevölkerungsschicht. Ein Aufschrei gegen Recep Tayyip Erdogan.
Die Gezi-Zeit ist nun genau drei Jahre her, und die Hoffnungsschimmer der Demonstranten von damals sind längst erloschen. Präsident Erdogan ändert die Gesetze nach seinem Gusto, verteilt den Medien Maulkörbe und steckt Journalisten, Aktivisten und Akademiker ins Gefängnis. Und kaum einer protestiert mehr.
Ich wollte wissen, warum die Generation-Gezi so leise geworden ist. Schnell stellte ich fest: Leise Gespräche lassen sich kaum am Telefon oder auf Skype führen. Also bin ich hingefahren, nur die Handynummern meiner Freunde in der Tasche.
Der Gezi-Jahrestag stand vor der Tür und fast gleichzeitig davor liess Präsident Erdogan einen anderen Feiertag pompös begehen: 563 Jahre Eroberung Istanbuls durch die Osmanen.
«Just safe the day»
Wie stelle ich als Filmemacherin den stummen Schrei einer ganzen Bevölkerungsgruppe dar? Noch führen meine Freunde ihr normales Leben. «Just safe the day», sagen sie. Sichere dir einfach den Tag. Sie versuchen, möglichen Bomben auszuweichen, Umwege zu nehmen.
Während des Gezi-Aufstands vor drei Jahren haben sie sich alle die Seele aus dem Leib geschrien. Heute bleiben sie zu Hause, obwohl es noch viel mehr zum Schreien gäbe. Sie haben Angst.
Ich habe mir ihre Sorgen angehört und gesehen, wie der kleine Demonstratsionszug zum Gezi-Jahrestag von der Polizei sofort zerschlagen wurde – und wie die gleiche Polizei Erdogans osmanische Feier beschützt. Es gibt in der Türkei auch noch Menschen, die anders denken als ihr Präsident. Ihnen geben meine Aufzeichnungen aus Istanbul eine Stimme.