Im Krim-Konflikt wird die EU voraussichtlich am kommenden Montag (17.3.) Sanktionen gegen Moskau beschliessen. Am Tag zuvor wird das von der EU nicht anerkannte Referendum über den Beitritt der ukrainischen Halbinsel zu Russland stattfinden. Sollte das Ergebnis eine Abspaltung sein könnte Brüssel Einreiseverbote und Kontensperrungen verhängen.
«Wir sind beunruhigt über das Ausbleiben von Zeichen der Deeskalation», erklärte eine Sprecherin der EU-Kommission. Die EU arbeite «sehr intensiv» an dem Verzicht auf Einfuhrzölle für Importe aus der Ukraine. Diese würden «sehr schnell» wegfallen, um dem Land wirtschaftlich zu helfen.
Abkommen als Geste
Noch kein Datum gibt es für die von der EU angebotene Unterzeichnung des politischen Teils eines Assoziierungsabkommens zwischen der Ukraine und der EU. Die Ablehnung dieses Abkommens durch den damaligen Präsidenten Viktor Janukowitsch hatte die Demonstrationen der ukrainischen Opposition ausgelöst.
Die Unterzeichnung eines Teils dieses Abkommens sei «eine besondere Geste unserer Unterstützung», sagte die Sprecherin. Sie werde noch vor den vorgezogenen Wahlen in der Ukraine am 25. Mai erfolgen.
EU droht mit dritter Sanktionsstufe
Eine Kommissionssprecherin bestätigte, dass Gespräche über den Bau der 2400 Kilometer langen russischen Gaspipeline «South Stream» vorerst «angesichts der grösseren Entwicklungen» nur noch auf technischer und nicht mehr auf politischer Ebene geführt werden.
Auch über ein neues Partnerschaftsabkommen mit Russland wird vorerst nicht weiter verhandelt. Ausserdem droht die EU mit der Absage des Anfang Juni in Sotschi geplanten EU-Russland-Gipfels. Bei «weiteren Schritten Russlands zur Destabilisierung der Lage in der Ukraine» soll laut EU-Gipfel eine dritte Sanktionsrunde mit «weitreichenden» wirtschaftlichen Konsequenzen folgen.
Deutschland bereit zum Handeln
Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel hofft trotz aller gegenteiligen Signale aus Moskau immer noch auf die Bildung einer internationalen Krim-Kontaktgruppe. «Noch ist es nicht zu spät», sagte ihr Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin.
«Es bleibt noch ein wenig Zeit.» Andernfalls sei Deutschland aber auch bereit, Wirtschaftssanktionen der Europäischen Union gegen Moskau mitzutragen. Unklar blieb, wie lange mit solchen Strafmassnahmen noch gewartet werden soll.
Seibert gab zu, dass es von russischer Seite bislang nicht die «nötige Bereitschaft» gebe. Deshalb sei Deutschland «gegebenenfalls auch bereit, zu handeln.» Der Regierungssprecher sprach von einer «breiten Palette an Wirtschaftssanktionen», die möglich wären.
US-Kampfflugzeuge in Polen und im Baltikum
Die USA hatten bereits gestern angekündigt, zwölf F-16-Kampfjets nach Polen zu verlegen. Für eine Militärübung sollen bis Donnerstag zudem 300 US-Soldaten nach Polen geschickt werden, wie das Verteidigungsministerium in Warschau mitteilte.
Das Manöver sei schon länger geplant gewesen, sagte Ministeriumssprecher Jacek Sonta. Angesichts der «angespannten politischen Situation» in der Ukraine hätten Warschau und Washington nun aber vereinbart, es auszuweiten und vorzuziehen.
Die USA hatten am Donnerstag bereits sechs zusätzliche F-15-Kampfjets ins benachbarte Litauen verlegt. Litauens Verteidigungsminister Juozas Olekas sagte, die Kampfflugzeuge seien die Antwort auf die «russische Aggression in der Ukraine und eine erhöhte militärische Aktivität in Kaliningrad», der russischen Exklave an der Grenze zu Litauen und Polen.
China offen für alle Vorschläge
Der chinesische Präsident Xi Jinping hat in Telefongesprächen mit US-Präsident Barack Obama eine diplomatische Lösung der Ukraine-Krise angemahnt. Xi habe alle beteiligten Seiten zur Zurückhaltung und Mässigung aufgefordert, damit eine Eskalation verhindert werde, teilte das chinesische Aussenministerium mit. China sei offen für alle Vorschläge, die zu einem Ende der Spannungen führten.
Die Krim befindet sich nach Einschätzung von Beobachtern seit mehr als einer Woche de facto unter russischer Kontrolle.