In einem Brief an die polnische Regierung habe die EU-Kommission gefordert, dass eine auf den Weg gebrachte Gesetzesänderung aufgeschoben und überprüft werde, berichten die «Süddeutsche Zeitung» und tagesschau.de vorab.
«Die Rechtsstaatlichkeit gehört zu den gemeinsamen Werten, auf denen die Europäische Union gegründet ist», zitiert das Blatt aus einem Schreiben des Ersten Vize-Kommissionspräsidenten Frans Timmermans an Aussenminister Witold Waszczykowski und Justizminister Zbigniew Ziobro.
«Integrität des Verfassungsgerichts» gefährdet
Die EU-Kommission verfolge daher sehr genau Entwicklungen, welche die Rechtsstaatlichkeit eines Mitgliedstaates in Zweifel ziehen könnten. Dies gelte «zum Beispiel, wenn die Integrität, Stabilität und das ordnungsgemässe Funktionieren eines nationalen Verfassungsgerichts unterminiert wird». Bei der Kommission war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten.
Die rechtsnationale Partei «Recht und Gerechtigkeit» (PiS), die bei der Parlamentswahl im Oktober die absolute Mehrheit in Polen gewann, baut seither das politische System des Landes um. Am Dienstagabend beschloss das Parlament in Warschau eine umstrittene Gesetzesänderung, die dem Verfassungsgericht nach Einschätzung des Gerichts selbst die Unabhängigkeit nimmt.
«Schleichender Staatsstreich»
Das polnische Parlament hatte am Dienstagabend das Gesetz zum Verfassungsgerichtshof geändert. Neu ist, dass Urteile künftig nur mit Zweidrittel- statt wie bisher mit einfacher Mehrheit gefällt werden können. 13 von 15 Richtern müssen beteiligt sein. Es entfällt überdies der Paragraf über die Unabhängigkeit des Gerichts.
Ex-Minister Andrzej Halicki von der liberalen Bürgerplattform (PO) sprach von einem «schleichenden Staatsstreich».