Bei der Bekämpfung des Terrorismus setzt die Europäische Union (EU) künftig auch auf die Speicherung von Fluggastdaten. Dazu verpflichtet das Europarlament die europäischen Luftfahrtgesellschaften, den EU-Ländern ihre Fluggastdatensätze zu überlassen.
Das Europaparlament brachte in Strassburg die sogenannte PNR-(Passenger Name Record)-Richtlinie unter Dach und Fach.
Persönliche Daten von Fluggästen wie Name, Kreditkartennummer, Reisedaten, Sitznummern, Gepäckangaben, Kontaktangaben und Essenswünsche werden dabei künftig auf Vorrat für sechs Monate gespeichert. Einen automatischen Austausch aller Daten zwischen den EU-Staaten soll es aber nicht geben. Ziel ist es, Polizeibehörden bei der Verhinderung geplanter Anschläge oder anderer schwerer Straftaten zu unterstützen.
Einigung nach fünf Jahre langer Debatte
In der EU wurde über die Richtlinie fünf Jahre lang debattiert. Im Europaparlament hatten sich vor allem Linke, Liberale und Grüne jahrelang gegen die Massenspeicherung von Fluggastdaten gesperrt. Unter dem Eindruck der Terroranschläge in Paris bröckelte die Front der Gegner aber.
Verhältnismässigkeit gewahrt
Im Dezember einigten sich schliesslich Unterhändler des Parlaments und des Rates der 28 EU-Staaten auf einen Kompromiss. Die Parlamentsvertreter setzten dabei unter anderem durch, dass der «Grundsatz der Verhältnismässigkeit» in der Richtlinie verankert wurde.
Mehrere Abgeordnete äusserten vor dem Votum dennoch Bedenken. Die «sinnlose pauschale Überwachung von Bürgern» bringe nicht mehr Sicherheit, sagte etwa der deutsche Grüne Jan Philipp Albrecht. Im Übrigen lieferten Fluggesellschaften bereits seit Jahrzehnten ihre Passagierlisten.
Rat muss Beschluss noch absegnen
Nach der Zustimmung des Parlaments muss nun noch der Rat die Richtlinie absegnen, was in Kürze geschehen dürfte.
Die EU-Staaten haben anschliessend zwei Jahre Zeit, um die Vorschriften in nationales Recht umzusetzen.
Schweiz ebenfalls betroffen
Da die PNR-Richtlinie alle jene Fluggesellschaften zur Passagierdatenlieferung verpflichtet, die Flüge in die EU oder von der EU ins Ausland anbieten, wird laut Bundesamt für Polizei (fedpol) die neue Regelung «folglich auch die Schweiz betreffen.»
Die Schweiz selbst ist jedoch nicht verpflichtet, die PNR-Richtlinie der EU zu übernehmen. Doch bereits Anfang November letzten Jahres hatte fedpol-Direktorin Nicoletta della Valle klar gemacht: «Wenn die EU so weit ist, wird sich die Schweiz kaum entziehen können.»
Gemäss fedpol prüft die Schweiz zurzeit die Situation: «Das eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement wird bis Ende 2017 technische, rechtliche und finanzielle Abklärungen im Hinblick auf die Nutzung von PNR-Daten vornehmen», hiess es.
Denn mit Blick auf die Umsetzungsfrist für die EU-Staaten erwartet das fedpol, dass «verlässliche Indikatoren über den Nutzen und die Herausforderungen von PNR» erst in den kommenden zwei Jahren erhältlich sein werden. Die Schweiz hat – wie auch die EU – bereits mit den USA und Kanada entsprechende Abkommen über den Zugriff auf Personendaten von Flugpassagieren.