Die EU unterstützt das mutmasslich von Kriminellen attackierte bulgarische Bankensystem mit einem milliardenschweren Notkredit. Die Europäische Kommission teilte mit, man werde der Bitte Bulgariens nach Verlängerung einer Kreditlinie über rund 1,7 Milliarden Euro nachkommen.
Die Massnahme sei «angemessen» und notwendig, um in der derzeitigen Lage das Bankensystem mit genügend Liquidität zu versorgen. Das Geld fliesse vorsorglich, um das Finanzsystem zu stabilisieren. An sich seien Bulgariens Banken gut mit Kapital ausgestattet verglichen mit anderen Ländern in der EU.
Sturm auf Banken
In Bulgarien war es zu einem Kundenansturm auf zwei grosse Banken des Landes gekommen, nachdem ein mutmasslicher Angriff auf die Bankenbranche bekannt geworden war. Nach Angaben von Regierung und Notenbank wollten Kriminelle mit über Internet- und SMS-Botschaften verbreiteten Falschinformationen die Bürger dazu bewegen, ihr Geld abzuheben.
Tatsächlich taten dies Kunden der First Investment Bank und der Corporate Commercial Bank (Corpbank) in Scharen. Die Zentralbank übernahm die Kontrolle über die Corpbank. Am Montag bildeten sich lange Schlangen vor Bankautomaten und Schaltern.
Der Präsident des Landes, Rossen Plewneliew, gab am Sonntag nach einem Treffen mit Vertretern der Parteien, der Zentralbank und dem Finanzminister eine Garantie für die Sparguthaben ab. Die Institute würden ihren normalen Betrieb aufrechterhalten. Plewneliew sagte, bei der Verfolgung der Verantwortlichen müssten die Gesetze voll ausgeschöpft werden.
Fünf Verdächtige festgenommen
Die Banken seien stabil, würden gut beaufsichtigt und verfügten über genügend Kapital. «Es gibt keine Bankenkrise», sagte er. Das Staatsoberhaupt räumte allerdings ein, dass es eine Vertrauenskrise gebe. Die nationale Sicherheitsbehörde nahm nach eigenen Angaben fünf Verdächtige fest. Einer von ihnen sei wieder freigelassen worden.
Obwohl Bulgarien eines der ärmsten EU-Länder ist und Probleme mit Korruption und Vetternwirtschaft hat, gilt das Finanzsystem als stabil. Die Vorgänge im Bankensystem treffen das Land allerdings in einer politisch ohnehin schwierigen Lage. Das Hauptproblem sei, dass die Bevölkerung kein Vertrauen in die aktuelle Regierung mehr habe, so SRF-Wirtschaftsredaktorin Marianne Fassbind. «Nun hängt viel davon ab, wie die vorgezogenen Parlamentswahlen ausfallen und ob endlich die notwendigen Reformen angegangen werden.»
Neuwahlen im Oktober
Bulgarien bekommt vor den Neuwahlen am 5. Oktober eine Übergangsregierung. Die jetzige Regierung der Sozialisten (BSP) mit der Türkenpartei DPS soll bis am 25. Juli zurücktreten. «In diesem Parlament kann keine weitere Regierung mehr gebildet werden», erklärte Staatschef Rossen Plewneliew nach einem Krisentreffen.
Ministerpräsident Plamen Orescharski, ein Finanzexperte, hatte schon kurz nach dem Amtsantritt Ende Mai 2013 enorm an Vertrauen und Glaubwürdigkeit verloren. Umstrittene Personalentscheidungen und Vorwürfe der «Abhängigkeit von reichen Oligarchen» lösten monatelange Proteste aus. Die Krise verschärfte sich nach der Niederlage der Sozialisten bei der Europawahl.