Die Staats- und Regierungschefs der Euro-Zone schauen auf zähe, ja strapaziöse Verhandlungen zurück. Doch hat sich ihr Einsatz gelohnt? Steht jetzt die EU in einem positiven Licht da?
Laut Dieter Freiburghaus, Ökonom, Politologe und Europaexperte, macht Europa im Rückblick keineswegs eine gute Figur. Er gibt aber zu bedenken, dass dies durchaus «Standard» sei. Schon in der Ukraine und in der Flüchtlingskrise habe Europa nicht zu überzeugen vermocht.
«Unheimlich kompliziert, zu einem Kompromiss zu kommen»
Freiburghaus räumt allerdings ein, dass die aktuellen Probleme «schwierig sind», wobei er hier an die systemischen Voraussetzungen Europas denkt: Es gibt keine Regierung in der EU. Eine solche könnte auch einmal harte Entscheide fällen, sagt er. Aber in der Affäre um Griechenland brauche man das Einverständnis von 19 Regierungschefs. Da sei es «unheimlich kompliziert, zu einem Kompromiss zu kommen».
Freiburghaus betont denn auch, dass es im griechischen Drama nur Verlierer gebe. Für Griechenland gestalte sich die Zukunft zwar schlimmer, zumal die Menschen Hunger litten und Medikamente entbehrten.
«Aber Europa, die EU, hat auch gewaltig verloren, weil sie ein solches Problem nicht lösen kann.»
Europa von Differenzen geprägt
Laut Freiburghaus zeigt sich die EU nach den intensivierten Verhandlungen ferner auch in zwei Lager geteilt. Man habe eine Position Frankreich, die den Grexit nicht – oder vorläufig nicht – wolle. Und man habe die Position von Deutschland. «Dahinter stehen Gruppen von Ländern», sagt Freiburghaus. Und er fährt fort: «Das sind die Differenzen, die man jetzt zugekleistert hat.»
Also zieht sich neu ein Riss durch Europa? So weit will Freiburghaus dann aber doch nicht gehen. Die Gräben gingen nicht allzu tief, sagt er.
Nichtsdestotrotz schaut er skeptisch auf die kommende Zeit. Falls es zu Verhandlungen komme, würden diese «extrem hart». Es könne Wochen dauern. Und was dabei herauskomme, sei nicht abzusehen. Es könne sein, dass die Banken in dieser Zeit trotzdem schon zusammenbrechen.
Man wisse weiter nicht, ob die jetzige griechische Regierung zurücktrete. Und man wisse somit auch nicht, ob es zu Neuwahlen komme. Insofern hat man nach Freiburghaus «kein Problem gelöst». Man habe einfach nicht zugeben müssen, dass man nicht weiter wisse. «Mit dem Kompromiss wird wieder verhandelt. Mehr hat man jedoch nicht.»