Wenige Tage vor dem Referendum bekommt der britische Premierminister offenbar kalte Füsse: David Cameron warb an seinem wohl letzten Schottland-Besuch vor der Abstimmung mit einer leidenschaftlichen Rede für seine Sache. «Bitte, bitte bleibt bei uns», rief er den Schotten in Aberdeen zu.
Wirtschaftliche Argumente auf beiden Seiten
Alex Salmond, Chef der in Edinburgh regierenden Nationalpartei SNP, traf sich in der schottischen Hauptstadt mit Wirtschaftsvertretern. Diese würden sich mehr und mehr auf die Seite der Unabhängigkeitsbewegung schlagen, sagte er. «Sie wissen, dass das der einzige Weg ist, auf dem wir die benötigte Wirtschaftskraft bekommen können.»
Zuvor hatte Cameron Konzern- und Bankenchefs um sich versammelt, die vor den schlechten finanziellen und wirtschaftlichen Folgen einer Unabhängigkeit für Schottland warnten.
Schiffsbauer fürchten Auftragseinbrüche
Auch die Gruppe der «Jungen Schiffsbauer» warnte vor den negativen Konsequenzen. Bisher habe sich Salmond nicht mit ihnen treffen wollen, schrieben sie in einem offenen Brief. Schottlands Schiffsbau ist stark abhängig von Aufträgen des Londoner Verteidigungsministeriums.
Zuvor hatte auch die Deutsche Bank vor den Risiken eines schottischen Alleingangs gewarnt. Sie verglich eine Abspaltung gar mit den Fehlern in den USA vor der Grossen Depression.
Der britische Premier Cameron war für seine spärlichen Auftritte in Schottland kritisiert worden. Vergangene Woche hatte er in Edinburgh gesagt, ein Auseinanderbrechen des Vereinigten Königreichs würde ihm «das Herz brechen». Er werde während der Abstimmung am Donnerstag in London sein und arbeiten, sagte ein Sprecher.
Rekordbeteiligung erwartet
Eine der grössten britischen Gewerkschaften rief Arbeitgeber in Schottland dazu auf, ihre Angestellten für die Stimmabgabe freizustellen. So sollen lange Schlangen vor den Abstimmungslokalen vermieden werden.
Die Abstimmungslokale schliessen am Donnerstag um 23.00 Uhr, am frühen Freitagmorgen soll das Ergebnis vorliegen. Fast 4,3 Millionen Schotten haben sich für das Referendum registriert. Damit könnte die Wahlbeteiligung rund 97 Prozent erreichen – ein absoluter Rekord.