Mädchen aus Vorstädten der syrischen Hauptstadt Damaskus, die ins Nachbarland Libanon geflohen sind, verkaufen Taschentücher oder ziehen bettelnd durch die Nacht. Jungen aus dem Süden Syriens versuchen sich als Schuhputzer oder bieten Rosen feil. «Eine ganze Generation von syrischen Flüchtlingskindern in Libanon kämpft um Perspektiven», heisst es dazu beim UNO-Flüchtlingshilfswerk UNHCR.
Ahmet arbeitet in einer Autowerkstatt. Das interessiert den 14-Jährigen aus Aleppo in Syrien. «Ich träume davon, einmal selbst eine Garage zu haben und einen Chevrolet zu fahren.» Ahmet wohnt mit seinen Eltern und den drei Geschwistern in einem kaum 20 Quadratmeter grossen Zimmer, einem Nebenraum in einem Bürogebäude in der libanesischen Stadt Sidon.
Die Hälfte ohne Schulbildung
Für das Zimmer bezahlt die sechsköpfige Familie pro Monat 200 Dollar Miete. Sie ist angewiesen auf die paar Dutzend Dollar, die Ahmet in der Garage verdient. Sein Vater hangelt sich mit Gelegenheitsjobs durch. Wie die Hälfte aller Flüchtlingsfamilien in Libanon erhält Ahmets Familie keine Nahrungsmittelhilfe mehr. Die humanitären Organisationen hätten zu wenig Geld, erklärt das UNHCR.
Und: «Nur die Hälfte der syrischen Flüchtlingskinder in Libanon geht zur Schule», sagt eine UNHCR-Mitarbeiterin. Die Gründe dafür sind vielfältig: Für viele Kinder existiert keine Schule, die nächste Schule ist zu weit weg, oder die Kinder müssen mithelfen, ihre Familien zu ernähren.
Ein Mitarbeiter von Terre des Hommes, einem der in Sidon aktiven Hilfswerke, hat Ahmet jedoch überzeugt, dass Bildung entscheidend ist. Und so macht der Teenager aus Aleppo nun doppelte Schichten: Vormittags arbeitet er in der Garage, nachmittags drückt er die Schulbank. «Das geht schon», sagt Ahmet. «Abends schläft er manchmal über den Schulbüchern ein», sagt seine Mutter. Doch sie sieht keine Alternative für ihren ältesten Sohn.