SRF: Die Ukraine war das wichtigste Thema der Schweizer OSZE-Präsidentschaft. Wie schätzen Sie ihre Rolle ein?
Die Schweiz hat das wirklich gut gemacht. Didier Burkhalter hat sich persönlich sehr engagiert – und (die Schweizer OSZE-Botschafterin) Heidi Tagliavini ist bei uns schon eine Legende! Aber es geht nicht nur um die Schweiz, sondern um das Regelwerk der OSZE. Und Russland hat gegen diese Regel verstossen. Dies wird ein Bestandteil meiner heutigen Rede sein.
Wie soll es aber weitergehen? Die OSZE hat – trotz ihrer Präsenz in der Ukraine – das Blutbad nicht verhindern können.
Meine These ist die, dass die OSZE vor allem auch politisch Druck auf Russland ausüben muss. Nur durch diesen Druck kommen die OSZE-Regeln richtig zum Zug.
Nun hört man aber kritische Stimmen aus dem Westen, die von der Ukraine Kompromisse einfordern. Zum Beispiel, dass Sie auf die Nato-Annäherung verzichten.
Diese Entwicklung haben die Russen selbst verschuldet! Vor einem Jahr lag die Zustimmungsrate innerhalb der Bevölkerung bei lediglich 18 Prozent. Heute befürworten 54 Prozent einen Beitritt zur Nato. Und dieser Stimmungswandel ist der russischen Aggression geschuldet.
Wie können Sie Russland aber davon überzeugen, dass Sie selber auf eine Deeskalierung zusteuern?
Diese Frage stellt sich nicht nur uns, sondern der ganzen Welt. Wir haben uns nie gegen die Interessen Russlands gestellt. Aber fast 90 Prozent der Ukrainer haben ihre Stimme den EU-affinen Parteien gegeben. Also neun von zehn Ukrainer haben damit ausgedrückt, dass sie Richtung Europa gehen wollen.
Das Gespräch führte Christof Franzen