Premierminister Jean-Marc Ayrault ist mit seiner Regierung bereits zurückgetreten. Dies gab das Büro des Regierungschefs bekannt gab. Hollande will sich am Abend um 20.00 Uhr in einer Fernsehansprache äussern, wie der Elysée-Palast mitteilte.
Der Neue ist den Linken zu rechts
Ayrault war seit Monaten auch aus den eigenen Reihen vorgeworfen worden, er zeige zu wenig Führung und erkläre die Regierungspolitik nicht ausreichend. Hollande hatte aber bis zuletzt an seinem loyalen Premierminister festgehalten.
Politisch war er zwar der Vollstrecker von Hollandes Vorgaben. Sein Auftreten wirkte aber auf manche bedächtig – andere nannten es langweilig. Für mitreissende Reden war Ayrault nicht bekannt.
Innenminister Manuel Valls ist demgegenüber in Umfragen einer der populärsten Politiker Frankreichs. Der eher zum rechten Parteiflügel zählende, gebürtige Katalane wird aber von der Parteilinken und von den Grünen kritisiert, die ihm unter anderem einen zu harten Kurs in der Ausländerpolitik vorwerfen.
Genau hier ortet SRF-Korrespondent Michael Gerber das grösste Risiko für Präsident Hollande. «Schon jetzt es gibt kritische Stimmen der Linken, die Valls für eine schlechte Wahl halten.» Auch Rücktritte aus dem Kabinett seien nicht auszuschliessen. Gerber rechnet mit einem geräuschvollen Neustart unter dem wirtschaftsfreundlichen Manuel Valls.
Diese Haltung mag sich möglicherweise noch als ganz nützlich herausstellen. Denn mit Anne Hidalgo, einer der wenigen Gewinnerinnen des jüngsten Kommunalwahlabends, hat Valls nicht nur das sozialistische Parteibuch gemeinsam: Auch er kam als Kind mit spanischer Staatsbürgerschaft nach Frankreich – so wie die neue Pariser Bürgermeisterin.
Historische Niederlage eingefahren
Die Sozialisten hatten bei den Kommunalwahlen, die am Sonntag mit der zweiten Runde zu Ende gegangen waren, eine historische Niederlage erlitten. Die Linke verlor mindestens 155 Städte mit über 9000 Einwohnern an die Konservativen – darunter auch Hochburgen, die seit mehr als hundert Jahren links regiert waren wie Limoges.
In Zeiten knapper Kassen fehlt Hollande das Geld für vielleicht publikumswirksame, aber auch teure Konzepte. Hohe Arbeitslosigkeit und schwaches Wachstum lassen dem Staatschef der zweitgrössten Volkswirtschaft im Euroraum kaum Spielraum.
Europawahl als Schreckgespenst
Inhaltlich lässt sich vieles nur langsam bewegen. Beim oft neidvollen Blick hinüber nach Deutschland wird mitunter übersehen, dass die aktuell guten Wirtschaftswerte auch auf ein zehn Jahre altes Programm zurückgehen. Von einer Agenda 2010 ist Hollande aus Sicht seiner Kritiker aber immer noch weit entfernt. Bereits angeschobene Reformen zu Besteuerung, Arbeitsmarkt oder Verwaltung gelten ihnen als unzureichend.
Das in Umfragen historisch schlechte Ansehen des Präsidenten und seiner Regierung könnte eine Verbesserung vertragen. Mit Blick auf die Europawahl am 25. Mai drängt die Zeit. Nach einer Umfrage kommen Hollandes Sozialisten zurzeit auf gerade mal 19 Prozent. Damit liegen sie noch hinter der rechtsextremen Front National (22 Prozent) und der konservativen UMP (24 Prozent), die beide in den Kommunen teils deutliche Erfolge erzielen konnten.