Die EU hat die Umverteilung von Flüchtlingen nach Quoten beschlossen. Wie genau der Vorgang vonstatten gehen soll, ist noch unklar. Doch gerade in Ankunftsländern wie Griechenland oder Italien hofft man inständig auf eine Umsetzung dieser Pläne.
Im Gegenzug für die Umverteilung will Italien für die Identifizierung und Registrierung aller über das Mittelmeer ankommenden Flüchtlinge sorgen. Und somit genau das tun, was jahrelang vernachlässigt wurde und für das Italien von den Anrainerstaaten, auch der Schweiz, viel Kritik ernten musste.
Italien hält an seiner Entscheidungsmacht fest
Doch noch immer harzt es damit an allen Ecken und Enden. Das muss sogar die Europäische Grenzschutzagentur Frontex spüren. Auf Sizilien hat sie schon längst ihre Mitarbeiter. Doch die dürfen nicht so arbeiten, wie sie eigentlich wollen. Denn: Italien bemüht sich darum, das Zepter nicht aus der Hand zu geben.
Seit fünf Wochen befragt etwa Jean-Jacques C. im Auftrag der Europäischen Grenzschutzagentur die Bootsflüchtlinge nach Namen, Herkunft und Grund für ihre Flucht. Der Polizist aus Marseille erläutert eine zentrale Schwierigkeit seiner täglichen Arbeit wie folgt: «Oft passiert es, dass sich jemand als Palästinenser oder Syrer ausgibt, in Wirklichkeit aber Tunesier, Marokkaner oder Algerier ist.»
Frontex sollte längst mitentscheiden dürfen
Eigentlich sollten die europäischen Grenzbeamten längst mitentscheiden können, ob ein Migrant in Sizilien Antrag auf Asyl stellen darf oder als Wirtschaftsflüchtling zurückgeschickt wird. Doch Italien hält an seiner Entscheidungsmacht fest. Dazu Jean-Jacques C.:
Bis neue Befehle kommen, dürfen wir selbst keine Einzeldaten speichern, wie Nationalität, Name, Geburtsdatum.
«Wir arbeiten den Italienern nur zu!» Was heisst: Wer von den Italienern nicht gespeichert wird, kann seine Spuren auf Sizilien weiterhin verwischen und sein Glück in Nordeuropa versuchen.
Rom hat eine ganz andere Sicht
Im fernen Rom beurteilt man die von Frontex bemängelte Sachlage ganz anders, nämlich als Abstimmungsproblem. Andrea Orlando, Justizminister von Italien: «Was noch fehlt ist eine Abstimmung der Rechtslage in Europa hinsichtlich der Identifizierung aber auch hinsichtlich der Steuerung der Flüchtlingsströme. Unweigerlich damit verbunden ist damit auch eine gerechte Verteilung, was dann die Aufnahme angeht.»
Dabei weiss man in Rom genau: Europa drängt darauf, dass der Zustrom von Flüchtlingen in Italien künftig besser kontrolliert wird.