Jedes Departement der Region Paris hat ein eigenes Fahrzeug, bestückt mit roten Fahnen. Ein grosser Ballon mit der Departementsnummer schwebt über dem Lieferwagen. Dieselgeneratoren sorgen für den nötigen Strom für die Soundanlage. Aus Lautsprechern tönen bald alte Revolutionslieder über Comandante Che Guevara, bald moderner Rap oder Reggae. Die Kundgebungsteilnehmer tragen rote Mützen und schwenken rote Gewerkschaftsfahnen. «Entlassungen verboten», steht auf einem Plakat.
«Nur die Linke kann sich das erlauben»
Viele fühlen sich von François Hollande und seiner sozialdemokratischen Wende verraten. Ein Demonstrant mit blauem Regenmantel und einem roten Kleber der Gewerkschaft CGT kritisiert: «Wenn Sarkozy gemacht hätte, was Hollande macht, wäre das ganze Land auf der Strasse. Nur die Linke kann sich das erlauben.»
Es sei schlimmer, als er befürchtet habe, sagt ein Mann mit weissem Bart, der Flugblätter verteilt: Hollande gehorche den Arbeitgebern aufs Wort, es sei hoffnungslos. Die einzige Antwort sei «totaler Widerstand». Ein anderer, der für Hollande stimmte, ergänzt: «Man kann doch den Arbeitgebern nicht 30 Milliarden Euro schenken ohne Gegenleistung.»
Hollande will die Arbeitgeber steuerlich entlasten und schlägt vor, dass die Gewerkschaften mit ihnen Gegenleistungen am runden Tisch aushandeln. Doch die Arbeitgeber weigern sich, verbindliche Zusagen zu machen über die Zahl Arbeitsplätze, die sie schaffen sollen.
Hollandes Politik, dies hört man immer wieder, sei Sarkozys Politik mit einem sozialistischen Feigenblatt. Dabei werde die alte Politik weitergeführt nach dem Motto «Mehr Geld für Reiche, weniger für die Arbeiter.» Inzwischen seien in Paris immer mehr Leute gezwungen, nach der Arbeit draussen zu übernachten – in ihren Autos.
Es besteht kein Zweifel: Die Gewerkschafter sind von Hollande bitter enttäuscht. Da überrascht es kaum, dass die Popularität des Präsidenten gemäss einer heute veröffentlichten Umfrage erstmals unter die 20-Prozent-Marke gesunken ist.
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