Das Europaparlament liegt im Streit mit den EU-Regierungen. Die Abgeordneten in Strassburg wiesen mit 506 von 690 Stimmen den EU-Finanzplan zurück. Dieser war im Februar von den Staats- und Regierungschefs mühsam ausgehandelt worden. «Wir sind bereit, nun über einen verbesserten mehrjährigen Finanzrahmen zu verhandeln», sagte Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) nach dem Votum.
«Das Europaparlament hat damit gezeigt, dass es als Verhandlungspartner ernst genommen werden muss», sagte Schulz. «Das ist sicher ein guter Tag für die europäische Demokratie.» In der Ablehnung waren sich die grossen Fraktionen des Parlaments einig: Neben Christdemokraten und Sozialdemokraten stimmten auch Liberale, Grüne und Linke gegen den Haushaltsplan.
Die irische Europa-Ministerin Lucinda Creighton, derzeit Verhandlungsführerin des Ministerrates, sagte: «Europa muss jetzt zeigen, dass es handlungsfähig ist.» Sie hoffe «so rasch wie möglich» auf eine Einigung mit dem Parlament – auf jeden Fall vor dem Ende der irischen Ratspräsidentschaft am 30. Juni.
Bis im Sommer sollte man sich einigen können – dieser Meinung ist EU-Korrespondent Urs Bruderer. «Der Druck für eine Einigung ist da. Die Planungssicherheit für unzählige langfristige Projekte wäre sonst nicht mehr gegeben», warnt Bruderer. Davor würden sich zahlreiche Abgeordnete fürchten.
Reihe von Forderungen
Die Regierungen der EU-Länder hatten sich am 8. Februar mit Ach und Krach auf eine Ausgaben-Obergrenze von 908 Milliarden Euro geeinigt. «Es geht nicht vorrangig um das Geld, wir wollen vor allem über die Struktur der Ausgaben reden», erklärte Schulz. «Ich hoffe, dass wir in den kommenden Wochen und Monaten einen Kompromiss finden werden.»
Das Parlament beschloss eine Reihe von Forderungen. So verlangen die Abgeordneten, dass ein auf 16 Milliarden Euro geschätztes Loch im Haushalt des laufenden Jahres zunächst gestopft werden müsse. Sie wollen auch «Flexibilität»: Gelder sollen zwischen verschiedenen Haushaltspositionen und Haushaltsjahren hin- und hergeschoben werden dürfen.
Ausserdem fordern sie eine Überprüfung und mögliche Änderung der Finanzplanung nach dreieinhalb Jahren. Schliesslich müssten auch Möglichkeiten zu eigenen Steuereinnahmen der EU verbessert werden.
Die Staats- und Regierungschefs der EU treffen sich am Donnerstag in Brüssel. Sie werden sich dabei aber nicht näher mit der Ablehnung der Finanzplanung durch das Parlament befassen, sagten Diplomaten. Im Ministerrat, dem Gremium der Regierungen, hiess es, man rechne mit «sehr schwierigen Verhandlungen».
Milliarden für ärmere Regionen und Bauern
Mit der Finanzplanung setzt die EU Obergrenzen für die jährlich zu beschliessenden Haushalte. Auch diese Jahresbudgets können nur vom Ministerrat und dem Parlament gemeinsam beschlossen werden.
Die Obergrenze für Zahlungen liegt mit 908 Milliarden Euro um 3,7 Prozent unter der für 2007 bis 2013. Die Verpflichtungsermächtigungen – also Finanzierungszusagen über mehrere Jahre hinweg – sanken um den gleichen Prozentsatz auf 997 Milliarden Euro. Grösste Ausgabenposten sind Hilfen für ärmere Regionen (325 Milliarden Euro) und Direktzahlungen an Bauern (277 Milliarden Euro).
Sollte es keine Einigung über die Finanzplanung geben, so gilt der Wert von 2013 mit einer Inflationsanpassung von 2,0 Prozent weiter. Falls nach dem Scheitern der Finanzplanung auch kein Haushalt für 2014 beschlossen werden kann, so dürfte nächstes Jahr nicht mehr als im Jahr 2013 ausgegeben werden.