Drei Tage nach dem blutigen Anschlag auf das Bardo-Nationalmuseum in Tunis ist die Identität aller 21 getöteten Personen festgestellt. Bei dem letzten bislang noch nicht identifizierten Opfer handle es sich um eine Russin, die seit Jahren in Italien gelebt habe. Dies sagte ein Vertreter des tunesischen Gesundheitsministeriums.
Fortschritte bei Ermittlungen
Bei dem Attentat, zu dem sich die IS-Terrormiliz bekannte, wurden am Mittwoch unter anderem Touristen aus Italien, Japan, Frankreich, Spanien und Polen getötet. Die bewaffneten Angreifer, zwei junge Tunesier, wurden von der Polizei erschossen.
Eine Sprecherin der tunesischen Staatsanwaltschaft sprach am Samstag von «Fortschritten» bei den Ermittlungen. Details könnten aber aus Gründen der Geheimhaltung nicht bekanntgegeben werden.
Präsident räumt erstmals Sicherheitsmängel ein
Gleichzeitig räumte der Präsident des Landes, Béji Caïd Essebsi, erstmals Sicherheitsmängel ein. Polizei und Geheimdienste sind seiner Ansicht nach nicht systematisch genug vorgegangen, um die Sicherheit des Museums zu gewährleisten. «Es gab Defizite», sagte Essebsi dem französischen Magazin «Paris Match».
Zugleich betonte er aber, dass die Sicherheitskräfte «sehr effektiv reagiert» und dem Anschlag schnell ein Ende bereitet hätten. Dadurch seien Dutzende weitere Todesopfer verhindert worden, da die Attentäter ihre Sprengstoffwesten nicht mehr hätten zünden können.
Ein ranghoher tunesischer Politiker hatte zuvor erklärt, dass die Wachmänner, die das Museum und das nahegelegene Parlament schützen sollten, zum Zeitpunkt des Anschlags nicht auf ihren Posten waren. Von vier Polizisten seien zwei in einem Café gewesen, der dritte habe sich etwas zu essen geholt und der vierte sei gar nicht zum Dienst erschienen.
Festnahmen bei landesweiter Razzia
Nach Angaben von Innenminister Mohamed Ali Aroui gab es bislang mehr als zehn Festnahmen von Verdächtigen, die «direkt oder indirekt in den Anschlag verwickelt waren». Berichten zufolge sind unter den Festgenommenen auch mehrere Familienangehörige eines der Attentäter, Jabeur Khachnaoui.
Andere Berichte sprachen am Samstag von über 20 Verdächtigen, die bei einer landesweiten Razzia festgenommen worden seien. Zehn davon seien vermutlich direkt in den Angriff auf das Nationalmuseum von Bardo verwickelt. «Dies ist eine grossangelegte Kampagne gegen die Extremisten», sagte ein Sprecher des Innenministeriums.
Derweil gedachten Hunderte Tunesier in einer Kathedrale von Tunis der Opfer. Die Miliz Islamischer Staat (IS) bekannte sich zu der Tat, doch es finden sich auch Hinweise auf einen tunesischen Al-Kaida-Ableger.
Aus gutbürgerlicher Familie
Ein Bruder des zweiten Attentäters Yassine Laabidi zeigte sich im Interview mit AFP schockiert über die Tat seines Bruders. «Er liebte das Leben, zog sich gerne gut an und umgab sich gerne mit Freunden und seiner Familie», sagte der Mann, der seinen Namen nicht öffentlich machen will.
Nach Erkenntnissen der Behörden geriet der aus einer gutbürgerlichen Familie stammende 27-Jährige unter den Einfluss von Islamisten, wurde gemeinsam mit Khachnaoui in einem Terrorcamp in Libyen ausgebildet. Yassine sei «von den Schweinen gehirngewaschen worden, die junge Männer im Namen der Religion in den Tod schicken», sagte sein Bruder AFP.