Nur ein paar Tage dauerte der Krieg zwischen Russland und Georgien im August vor fünf Jahren. Aber die Wunden sind nicht verheilt. Russland hat nach wie vor Truppen in den beiden abtrünnigen Gebieten Georgiens, in Abchasien und Südossetien, stationiert.
Vor einem Jahr wählte Georgiens Bevölkerung eine neue Regierung, die versprach, die Beziehungen zu Russland zu normalisieren und den vorherigen Konfrontations-Kurs zu beenden. Bei einem Besuch in der Schweiz sagt Aussenministerin Maia Panjikidze dazu: «Ich glaube, wir haben in diesem einen Jahr so ziemlich alles erreicht, was möglich war.»
Wein und Mineralwasser
Sie ist stolz auf das, was die Regierung von Premierminister und Milliardär Iwanischwili zu Stande gebracht hat. Sie ist aber auch realistisch. Erreicht worden sei, was möglich war. Da geht es vor allem um die Wirtschaft.
Seit dem Frühling erlaubt Moskau wieder den Import georgischer Waren. «Georgien produziert nicht viel, das für den russischen Markt interessant ist.» Es gehe vor allem um Wein und Mineralwasser, und das sei wieder auf dem russischen Markt.
Besetztes Territorium
Auch das Reisen zwischen Georgien und Russland sei rasch erleichtert worden. Panjikidze sagt trotzdem, von guten Beziehungen mit Russland sei Georgien noch weit entfernt. «Wir haben keine diplomatischen Beziehungen mit Russland. Russland hat zwanzig Prozent unseres Territoriums besetzt. Und weil Russland Abchasien und Südossetien zu unabhängigen Staaten erklärt hat.» Solange diese Besetzung andauere, seien normale Beziehungen nicht möglich, sagt die Aussenministerin.
Diplomatische Interessenvertretung
Seit dem Krieg vertritt die Schweiz die diplomatischen Interessen Georgiens in Moskau und die Russlands in Tiflis. Die Schweiz mache dies sehr gut, sagt die Aussenministerin. In noch in einem anderen Punkt spiele die Schweiz eine wichtige Rolle, nämlich bei den Genfer Gesprächen.
Bei diesen Gesprächen zwischen Russland und Georgien geht es um schwierige Fragen: um die russischen Soldaten, die auf georgischem Boden stehen, und um die Flüchtlinge, die nach Abchasien und Südossetien zurückkehren möchten.
Die Schweiz bemühe sich sehr, sagt Maia Panjikidze, aber im Moment gebe es in Genf kaum Fortschritte.
Integration in Europa
Georgiens Aussenpolitik hat zwei Fern-Ziele: Zum einen will das Land normale Beziehungen mit Russland, zum anderen will es sich in Europa integrieren. Es ist eine Art Gratwanderung. «Georgien hat immer gesagt, dass der europäische Weg der einzige Weg ist für Georgien. Er führt in Richtung Europa, europäische Union und in Richtung Nato», sagt die Aussenministerin.
Im November will Georgien am EU-Ost-Gipfel in Vilnius ein Assoziierungs-Abkommen mit der EU unterschriftsreif machen. Auch andere Staaten, die früher zur Sowjetunion gehörten, streben solche Abkommen an. Russland versucht das aber zu verhindern. Im August übte es mit Schikanen am Zoll massiven Druck auf die Ukraine aus. Und letzte Woche verhängte es ein Importverbot für Wein aus Moldawien.
Dass ein solches Abkommen die Chance verkleinere, dass die zwei Gebiete aus der russischen Obhut zu Georgien zurückkehren, glaubt Panjikidze nicht. «Ich glaube, das wird in einem anderen Kontext entschieden. Wir gehen Richtung Europa, Richtung Nato und das bringt unserem Land eine bessere Entwicklung.» Diese werde die Wirtschaft ankurbeln. Und: «Wenn dieses Land für alle gut ist, die darin wohnen, ist dies das beste Argument für eine Wiedervereinigung.»
Wohlstand, das war die Anziehungskraft, die der deutschen Wiedervereinigung zum Erfolg verhalf. Es ist wohl kein Zufall, dass Maia Panjikidze auf dieses Prinzip setzt. Sie hat in Jena in Ost-Deutschland studiert und war später Botschafterin in Berlin.