Auf dem Kiewer Unabhängigkeitsplatz, dem Maidan, haben Tausende Menschen an einem Trauermarsch teilgenommen. Viele hielten Plakate mit der Aufschrift «Ich bin Wolnowacha» in der Hand. Sie erinnerten damit an 13 getötete Zivilisten in der ostukrainischen Stadt Wolnowacha von letzter Woche.
Aufgerufen zum «Friedensmarsch» hatte die Regierung. Auch der ukrainische Präsident Petro Poroschenko und Premier Arseni Jazenjuk standen auf dem Maidan.
Grossangriff auf Flughafen Donezk
Derweil gingen – trotz dem Minsker Abkommen – im Osten des Landes die Kämpfe weiter. Beide Seiten machen sich gegenseitig für die Gewalt verantwortlich.
So hat die ukrainische Regierung gegen die pro-russischen Separatisten am Flughafen der Stadt Donezk einen Grossangriff gestartet. Am Nachmittag sagte der ukrainische Militärsprecher Andrej Lysenko in Kiew, das Gebiet am Flughafen sei wieder weitgehend unter Kontrolle der Regierungstruppen.
Lysenko erklärte weiter, die Front verlaufe damit wieder entlang der Linie, die bei Abschluss des Minsker Abkommens Anfang September gegolten habe. Aus Sicht der ukrainischen Armee verstösst der Grossangriff deshalb nicht gegen das Abkommen.
«Zurück an den Verhandlungstisch»
Das sieht Russland ganz anders: Moskau verurteilte die Gewalteskalation in der Konfliktregion und fordert die Ukraine an den Verhandlungstisch zurück. Kremlsprecher Dmitri Peskow sagte: «Es werden wieder Wohnviertel beschossen und Leute sterben.» Das russische Aussenministerium wirft der ukrainischen Regierung vor, die vereinbarte Waffenruhe zu verletzen.
Peskow kritisiert zudem, dass der ukrainische Präsident Petro Poroschenko ein Schreiben des russischen Präsidenten Wladimir Putin mit Vorschlägen zum Abzug von schwerer Militärtechnik aus dem Donbass nicht beantwortet habe. Poroschenko habe den Brief am Freitag erhalten. «Leider hat die ukrainische Seite den vorgeschlagenen Plan abgelehnt und auch keinerlei Gegenvorschläge gemacht – anstelle dessen hat sie wieder mit den Kampfhandlungen begonnen.»
«Wir geben keinen Fussbreit vom ukrainischen Boden her»
Der Flughafen ist durch die monatelangen Kämpfe stark zerstört und schon lange nicht mehr in Betrieb. Anders als in der Stadt Donezk selbst konnten sich die Regierungstruppen auf dem Gelände dort aber in den vergangenen Monaten behaupten. Zuletzt hatten jedoch die Rebellen auch hier immer mehr die Oberhand gewonnen.
Am Rande der Trauerzeremonie in Kiew zeigte sich Präsident Poroschenko unnachgiebig. Er lobte den Mut der Soldaten beim Kampf um den Flughafen Donezk. «Wir geben keinen Fussbreit vom ukrainischen Boden her», sagte der pro-westliche Staatschef. Er kündigte auf dem Maidan an, «die ukrainische Staatlichkeit im Donbass» wieder herzustellen.
Die pro-russischen Separatisten warfen den Regierungstruppen vor, mit Panzern und schwerer Artillerie zu schiessen. Mehrere Stadtteile von Donezk seien unter Beschuss, darunter auch Bereiche des Stadtzentrums, so die Aufständischen.
Drei tote Soldaten, zwei Tote Zivilisten
Der ukrainische Militärsprecher Andrej Lyssenko wies dies zurück. «Die Kräfte der Anti-Terror-Operation halten dieses strategisch wichtige Objekt unter ihrer Kontrolle», sagte Lyssenko Medien zufolge.
Das ukrainische Verteidigungsministerium teilte mit, drei Soldaten seien bei den Kämpfen auf dem Flughafen getötet und mehr als 30 verletzt worden. Nach Darstellung der Separatisten starben auch mindestens zwei Zivilisten in der Kampfzone am Samstag.
Zivilisten zwischen den Fronten
Wohnviertel in den Regionen Donezk und Lugansk seien trotz einer Waffenruhe unter schwerem Dauerfeuer der Regierungstruppen, beklagte Separatistenführer Alexander Sachartschenko. Es handele sich um einen «Versuch Kiews, den Krieg wieder voll zu entfesseln».
Zivilisten geraten immer wieder in die Schusslinien zwischen der ukrainischen Armee und den pro-russischen Separatisten. Im 60 Kilometer von Donezk entfernten Wuhlehirsk starben laut Regierung zwei Brüder im Alter von sieben und 16 Jahren, als eine Rakete in ein Haus einschlug. Ihre achtjährige Schwester wurde verletzt. Regierungstruppen kontrollieren den Ort.