Wie viel Gold die Schweiz aus welchen Ländern importierte, und wohin das Gold geschickt wurde, das war seit 1981 ein gut gehütetes Geheimnis der Eidgenössischen Zollverwaltung. Nun sind diese Daten öffentlich und SP-Nationalrat Cédric Wermuth freuts. «Das ist ein Grund zur Freude. Der Bundesrat arbeitet damit einen Teil einer schwarzen Geschichte auf.» Wermuth hatte diese Transparenz vor drei Jahren mit einem Vorstoss gefordert.
Lange Jahre machte die Schweiz mit dem Apartheids-Regime Südafrikas gute Geschäfte. Sei es mit dem Export von Waffen oder mit dem Ankauf von Gold aus südafrikanischen Minen. Stets war man um Diskretion bemüht. Das zeigt etwa eine diplomatische Meldung des Schweizer Botschafters aus dem Jahr 1969 zu Südafrikas Finanzstatistik: «Um die Schweiz möglichst abzuschirmen, hat unsere Botschaft nun beim südafrikanischen Finanzministerium erreicht, dass unser Land (…) nicht mehr namentlich aufgeführt wird, sondern unter ‹Westeuropa› figuriert.» (dodis.ch/33248)
Verärgert über das publizistische Interesse
Die Diskretion wurde anfangs 1980er noch grösser. Die Grossbanken wünschten sich, dass der Goldhandel auch aus Schweizer Statistiken verschwinden solle, so die Neue Zürcher Zeitung damals: «Besonders verärgert ist man darüber, dass im Vordergrund des publizistischen Interesses jeweils Südafrika und Russland stehen.»
Gerade die Sowjets seien verstimmt über diese unerwünschte Publizität, so die Banken. Der Bund folgte der Bahnhofstrasse und verzichtete fortan auf die Publikation detaillierter Zahlen.
Nun konnten Schweizer Banken unter Ausschluss der Öffentlichkeit Geschäfte abwickeln. Sie taten das ausgiebig, wie die nun veröffentlichten Statistiken zeigen. So importierte die Schweiz von 1982 bis zum Ende der Sowjetunion Gold für fast 20 Milliarden Schweizer Franken und versorgte Moskau mit Devisen.
Intensive Exportbeziehungen mit dem Unrechtsstaat Südafrika
Noch höher liegen die Zahlen bezüglich Südafrikas. Der Handel mit dem Apartheid-Staat lag Mitte der 1980er bei 10 Milliarden Franken jährlich. Das war fast die Hälfte der gesamten Schweizer Goldimporte. Nach dem Ende der Apartheid brach der Handel ein, auf nur noch gut eine halbe Milliarde jährlich. Obwohl die meisten Zahlen schon bekannt waren, sei die Publikation wichtig, so Wermuth.
«Bisher waren es Thesen von Historikerinnen und Historikern.» Sie seien zwar gut untersucht worden, aber nie amtlich bestätigt. Im Fall von Südafrika sei die Schweiz eine ganz wichtige Gold-Drehscheibe gewesen. «Mit der Publikation dieser Zahlen hat dies der Bund zugegeben. Das ist ein wichtiger Teil der Vergangenheitsbewältigung.»
Kontraproduktive Geheimhaltung
Rückblickend stellt sich die Frage, was die Geheimniskrämerei gebracht hat. Kurzfristig nützte sie der Schweizer Wirtschaft. Auf lange Frist hingegen, war sie eher kontraproduktiv. Die Sperrung von Statistiken oder Akten, wie etwa die Südafrika-Akten im Bundesarchiv 2003, wecke das Interesse der Öffentlichkeit eher, sagt, sagt der Historiker Sacha Zala. «Die Tatsache, dass man die Akte gesperrt hat, hat nichts anderes bewirkt als dass das Interesse daran noch grösser wurde.» Deshalb wäre man gut beraten gewesen, die Akten nicht geheim zu halten.
Jetzt sind keine Südafrika-Dossiers mehr gesperrt, und auch die Goldhandelszahlen der letzten 30 Jahre frei zugänglich. Bis zur nächsten Sperrung eines Archivs oder einer Datenbank? Wohl kaum, glaubt Historiker Zala, tendenziell sei ein Kulturwandel festzustellen. Und auch Nationalrat Wermuth glaubt: «Die Öffentlichkeit ist sehr sensibilisiert in Rohstoffhandelsfragen. So einfach wäre es heute nicht mehr.» Der Trend gehe klar in Richtung Transparenz.
Mehr Transparenz im Rohstoffhandel, das heisst auch, weniger zwielichtige Geschäfte mit Unrechts-Regimes wie Südafrika damals eines war. Schweigen ist nicht mehr Gold.