Der Oberste Gerichtshof in Pakistan hat überraschend befohlen, Ministerpräsident Raja Pervez Ashraf festzunehmen. Ashraf werde Korruption vorgeworfen, sagte der Rechtsanwalt der Regierung.
Neben dem Regierungschef haben die Richter Haftbefehle gegen 15 weitere Personen erlassen. Bei den Vorwürfen geht es um Unregelmässigkeiten rund um private Kraftwerke aus der Amtszeit Ashrafs als Wasser- und Energieminister.
Ein Berater des Ministerpräsidenten verurteilte den Schritt des Gerichts und bezeichnete ihn als verfassungswidrig. Das Verfassungsgericht und die von der Volkspartei PPP geführte Regierung liegen seit Langem im Streit.
Politische Krise verstärkt
Das Land steckt bereits in einer politischen Krise, und im Frühjahr sind Wahlen. Nun versammelten sich Tausende Anhänger des populären Geistlichen Muhammad Tahirul Qadri vor dem Parlament in Islamabad und forderten den Rücktritt der Regierung. Qadri, der mehrere Jahre in Kanada lebte, war im Dezember nach Pakistan zurückgereist.
«Ich gebe dem Präsidenten und Ministerpräsidenten bis morgen Zeit, das Parlament aufzulösen und ihre Ämter aufzugeben», sagte der Populist am Morgen.
Wer ist dieser Muhammad Qadri, der scheinbar aus dem Nichts die politische Bühne betrat? Von einigen werde er belächelt, sagt Südasien-Korrespondentin Karin Wenger.
Doch der ehemalige Verfassungsrechts-Professor sei gut vernetzt. Ihm werde nachgesagt, Armee und Justiz unterstützten ihn. Ganz offen hinter den gemässigten Islamisten gestellt hat sich der ehemalige Machthaber Pervez Musharraf, der im Exil lebt.
Korruption, Arbeitslosigkeit, Energiekrise, Terror: Pakistan steht vor unzähligen Problemen. Genau das nutze Qadri geschickt, sagt Wenger: «Er spielt mit den Frustrationen der Bevölkerung.» Wenn er gegen die Regierung Stimmung mache, dann fordere er eigentlich nur das Offensichtliche.
Angst vor Militär
Die Kombination aus dem Haftbefehl und den Massenprotesten haben bei den Politikern Erinnerungen geweckt. Sie haben Angst, das Militär könne versuchen, zusammen mit der Justiz die zivile Führung des Landes zu verdrängen. «Das Militär kann jetzt eingreifen und der Oberste Gerichtshof hat den Weg dafür freigemacht», sagte ein Berater Ashrafs. Es gebe keinen Zweifel daran, dass die Demonstrationen Qadris und der Richterspruch vom militärischen Establishment gelenkt worden seien.
Die Armee hat sich in der pakistanischen Geschichte wiederholt mit Staatsstreichen in die Politik eingemischt. In Militärkreisen hiess es jetzt jedoch, es gebe keine derartigen Bestrebungen.