SRF News: Was bedeutet dieser Absturz aus wirtschaftlicher Sicht für Germanwings?
Jens Flottau: Für Germanwings ist das natürlich ein Problem. Wie gross das Problem sein wird, muss sich erst zeigen. Viel hängt davon ab, wie man es schafft, das imagetechnisch zu überwinden. Es gehört dazu, dass man jetzt sehr offen kommuniziert und sich als seriöses Unternehmen, was Germanwings auch ist, darstellt. Wenn das gelingt, kann man den wirtschaftlichen Schaden in Grenzen halten.
Könnte der Absturz die Zukunft von Germanwings insgesamt gefährden?
Die Zukunft von Germanwings ist sowieso gefährdet. Dazu brauchte es diesen Absturz nicht. Geplant ist, dass die Germanwings-Flugzeuge langsam auf den nächsten Billigableger Eurowings, der noch günstiger fliegen kann, übertragen werden. Die Piloten sollen zur Lufthansa zurückwechseln und die Firma Germanwings soll langsam dichtgemacht werden über die nächsten Jahre. Dies, damit die Lufthansa in diesem Segment die Kosten noch weiter senken kann.
Germanwings gehört der Lufthansa – wie auch die Swiss. Belastet dieser Absturz die gesamte Lufthansa-Gruppe?
Emotional auf jeden Fall. Wirtschaftlich glaube ich eher nicht. Schauen Sie sich die Swissair an. Die hatte 1998 einen sehr schweren Unfall mit der SR 111 bei Halifax. Sie hat damals davon profitiert, dass sie einen sehr guten Ruf hatte und in der Öffentlichkeit sehr gut mit diesem Unglück umgegangen ist. Ich erwarte ehrlich gesagt Ähnliches von der Lufthansa. Je besser man das vermitteln kann, je offener man damit umgehen kann, desto besser kann man die wirtschaftlichen Folgen unter Kontrolle halten.
Germanwings ist die Billigfluggesellschaft der Lufthansa. Der Preiskampf ist hart im Fluggeschäft. Hat das Folgen für die Wartung der Flugzeuge oder die Ausbildung der Piloten?
Nein, bei Germanwings fliegen ja zum grössten Teil Flugzeuge, die bis vor kurzem noch für die Lufthansa geflogen sind. Sie unterliegen denselben Wartungsbedingungen und Standards wie bei der Lufthansa oder auch bei der Swiss. Auch die meisten Germanwings-Piloten stammen ursprünglich von der Lufthansa. Sie fliegen nach ein bisschen anderen Arbeitsregeln. Sie müssen ein bisschen mehr fliegen, aber das ist nicht wirklich signifikant. Es gibt im Prinzip keinen Unterschied zwischen Lufthansa und Germanwings.
2014 war ein schwarzes Jahr für die Luftfahrtbranche: Weltweit kamen 970 Personen bei Unfällen ums Leben. Ist das nur ein statistischer Ausreisser oder gibt es auch Sicherheitsprobleme beim stetig steigenden Flugverkehr?
Man darf nicht nur ein Jahr betrachten. 2014 war tatsächlich ein Ausreisser. Wenn man sich den langfristigen Trend anschaut, ist der gut. Es wird immer sicherer, zu fliegen; trotz wachsendem Flugverkehr. Es gibt aber schon immer ein paar Themen, die die Branche bearbeiten muss. Darunter etwa die Automatisierung der Flugzeuge. Dabei muss man sicher gehen, dass die Piloten weiterhin auch verstehen, was sie tun müssen, wenn die Automatisierung einmal nicht funktioniert.
Das in Frankreich abgestürzte Flugzeug ist eine Airbus-Maschine, wie auch das Flugzeug der Air Asia, das im Dezember in Indonesien abgestürzt ist. Wie schlimm sind diese Abstürze für den Flugzeughersteller Airbus?
Ich glaube nicht, dass das grosse Folgen haben wird. Sowohl Airbus als auch Boeing haben riesige Auftragsbestände. Selbst wenn jetzt die eine oder andere Fluggesellschaft – was nicht passieren wird – abbestellen würde, hätte das überhaupt keine Folgen.
Das Gespräch führte Tina Herren.