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International Hoffnungsschimmer für eine stabile Regierung in Spanien

Die Chancen auf eine stabile Regierung in Spanien steigen nach monatelanger Blockade leicht. So will die liberale Partei Ciudadanos unter gewissen Bedingungen nun doch mit den Konservativen von Premier Rajoy zusammenarbeiten. Dieser habe es aber nicht eilig, sagt SRF-Auslandredaktor Martin Durrer.

In die seit Monaten blockierte Regierungsbildung in Spanien kommt Bewegung: Der Chef der liberalen Partei Ciudadanos, Albert Rivera, stellte bei einem Treffen mit Ministerpräsident Mariano Rajoy sechs Bedingungen für die Aufnahme von Gesprächen über eine Unterstützung von Rajoys konservativer Volkspartei (PP). Rivera fordert unter anderem eine Untersuchungskommission zu den Korruptionsaffären bei den Konservativen sowie eine Reform des Wahlgesetzes zugunsten kleinerer Parteien. Einschätzungen von Auslandredaktor Martin Durrer.

SRF News: Ist das die langersehnte Rettung aus der verfahrenen Situation?

Martin Durrer: Soweit ist man noch nicht. Auch wenn Rajoy die Bedingungen Riveras annimmt, wovon auszugehen ist, hat er noch keine Mehrheit im Parlament und muss weiter nach Unterstützung suchen. Immerhin könnte aber mit dem Schritt jetzt der Eindruck vermittelt werden, dass dank dem Abkommen zwischen zwei Parteien nur noch wenige Stimmen fehlten. Die Sozialisten, die als einzige diese Stimmen beschaffen könnten, weigern sich bis zur Stunde. Deren früherer Partei- und Regierungschef Felipe Gonzalez sagte allerdings bereits öffentlich, man müsse Rajoy regieren lassen, auch wenn es dieser nicht verdiene. Was Rivera getan habe, sei wiederum die bisher einzige verantwortungsbewusste Handlung im ganzen Prozess. Damit stellte Gonzalez seinen eigenen Kandidaten, den Parteivorsitzenden Pedro Sanchez, eigentlich in den Regen.

Ciudadanos verlangt unter anderem eine Untersuchungskommission zu den Korruptionsaffären bei der Volkspartei. Kann Rajoy darauf eingehen, ohne Gesichtsverlust?

Angesichts der vielen Korruptionsfälle der letzten Jahre und der Tatsache, dass gegen die Partei selbst ermittelt und ein Prozess vorbereitet wird, ist fraglich, ob Rajoy überhaupt noch ein Gesicht hat, das er verlieren könnte. Zu dieser Kommission wird er Ja sagen müssen, denn er kann sie ohne Mehrheit im Parlament gar nicht verhindern. Die anderen Parteien können und würden sich sicher zusammenschliessen und diese Kommission bilden. Allerdings hat Rivera keinerlei Zusatzbedingungen zur Kommission gestellt, weder bezüglich Arbeitsbeginn und –dauer, noch bezüglich Auftrag, Kompetenzen und Vorsitz. Der ganze Forderungskatalog von Rivera bleibt sehr vage und macht es damit Rajoy sehr einfach.

Ein weiterer Katalogpunkt ist die Reform des Wahlgesetzes. Was ist damit?

Hier musste Rivera eigentlich gar nichts gross definieren, weil schon länger klar ist, was passieren muss. So gibt es im Wahlgesetz einen Bonus für die beiden Parteien, die am meisten Stimmen holen. Das waren bisher immer die Konservativen und die Sozialisten und so kam es zum Zweiparteiensystem. Wer also am meisten Stimmen hat, erhält zusätzliche Parlamentssitze. Diese vertreten in dem Sinn keine Wähler, welche diese Partei gewählt haben. Das wollen die kleineren Parteien, die so Wähler verlieren, abschaffen. Zudem will der Katalane Rivera, dass auch die Regionalparteien nicht mehr überproportional vertreten werden. Denn auch diese werden bisher mit einen Bonus gestärkt. Schliesslich sollen für mehr Demokratie die Wahllisten geöffnet werden wie beispielsweise in der Schweiz. Bisher können Spanier Listen von Parteien nur integral und unverändert einwerfen.

Wieso kommt der Deblockierungsvorschlag gerade jetzt, nachdem sich lange niemand bewegte?

Audio
Rajoy und Rivera nähern sich an
aus HeuteMorgen vom 11.08.2016.
abspielen. Laufzeit 6 Minuten 35 Sekunden.

Rivera begründet seine Kehrtwende um 180 Grad mit staatspolitischer Verantwortung, nachdem er zuvor eine Unterstützung Rajoys mehrfach kategorisch ausgeschlossen hatte. Das klingt respektabel. Ich gehe aber davon aus, dass da auch ein bisschen Druck aus Brüssel und von grossen spanischen Konzernen dahintersteckt.

Rajoy will erst nächste Woche entscheiden. Warum geht es nicht schneller?

Rajoy macht nie schnell vorwärts. In seiner ganzen Amtszeit hat er immer abgewartet und auf Zeit gespielt. Er ist ein Meister im Umgang mit der politischen Zeit und will so die anderen Parteien nervös machen. Denn alle Parteien fürchten bei einem allfälligen dritten Wahlgang weitere Stimmenverluste. Nur Rajoy tut dies offenbar nicht, weil er eine treue Stammwählerschaft hinter sich weiss. Unter fünf Millionen Stimmen wird die PP nicht fallen, da sie traditionell keine Wechselwähler hat. Käme es aber zu einem dritten Wahlgang mit einem gleichen Resultat, wie dies Umfragen bereits nahelegen, dürfte jedem klar werden, dass möglicherweise das einzige Hindernis Rajoy selbst ist. Und die anderen Parteien Hand böten, wenn wenigstens Rajoy verschwinden würde.

Das Gespräch führte Hans Ineichen.

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