Eine erbauliche Lektüre ist der Welthungerbericht auch dieses Jahr nicht. Denn noch immer sind fast 800 Millionen Menschen unterernährt. Das heisst: mehr als jeder und jede Neunte. In einer Welt des Überflusses dürfe niemand Hunger leiden, fordert UNO-Generalsekretär Ban Ki-Moon. «Noch zu seinen Lebzeiten will ich eine Welt ohne Hunger erleben», sagt der bald 82-jährige UNO-Chef.
Immerhin: Die Fortschritte bei der Hungerbekämpfung sind in jüngster Zeit markant. 72 Entwicklungsländer dürften bis Ende 2015 das wichtigste UNO-Millenniumsziel, nämlich Armut und Hunger um die Hälfte zu reduzieren, erreichen. Die Erde sei heute imstande, genug Nahrungsmittel für alle zu produzieren, sagt José Graziano da Silva, der Chef der UNO-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft (FAO).
Ungleich verteilte Erfolgsmeldungen
Allerdings gibt es beträchtliche Unterschiede: Erfolge sind vor allem in Ost- und Südostasien, in Zentralasien, in Südamerika und in einigen westafrikanischen Ländern zu verzeichnen. Südasien, der Nahe Osten, die Karibik, Zentralamerika, weite Teile Afrikas und Ozeanien hingegen hinken hinterher.
Sucht man nach den Gründen für die unterschiedliche Entwicklung, wird man rasch fündig: Eine Rolle spielen zweifellos der Klimawandel und Umweltkatastrophen. Aber mindestens ebenso bedeutsam ist die politische Lage: Kriege, Korruption und ganz allgemein schlechte Regierungsführung hemmen Fortschritte enorm.
Trotz Fortschritten – der Kampf geht weiter
Und selbst ein kräftiges Wirtschaftswachstum hilft laut dem Welthungerbericht wenig, wenn ein Grossteil der Bevölkerung davon ausgeschlossen ist. Und wenn Mechanismen zur Verteilung des Reichtums von oben nach unten fehlen. Ohne Sozialsysteme, die für die Ärmsten ein Sicherheitsnetz spannten, gehe es nicht, findet die UNO.
Ein weiteres Problem: Die Weltbevölkerung wächst weiter, und zwar gewaltig: «Bis 2050 müssen zwei Milliarden Menschen zusätzlich ernährt werden», sagt FAO-Chef da Silva. Das bedeute: Angesichts der Knappheit an fruchtbaren Böden, an Wasser müsse die Welt imstande sein, künftig mehr zu produzieren mit weniger Ressourcen. Und das auf eine klimaschonende Weise. Noch ist der Kampf gegen den Hunger also nicht gewonnen.