Sie organisierten Kiss-Ins auf Kirchengrund. Sie ketteten sich mit anderen an die Türe des Gouverneurs in Salt Lake City und wurden in Handschellen abgeführt. Troy Williams ist stolz auf die Kampagne, die er und andere für die Rechte von Schwulen und Lesben führten. «Wir sorgten hier ständig für Aufruhr», sagt der Direktor der Organisation Equality Utah.
Die Mormonenkirche, die in Utah den Ton angibt, ging auf die Schwulenorganisationen zu. Es entstand ein Dialog. «Statt über Themen wie etwa die Homo-Ehe zu diskutieren, konzentrierten wir uns auf Themen, bei denen wir uns einig sind: das Recht auf Arbeit und Wohnung.»
Vor gewissen Diskriminierungen geschützt
Es kam zum Kompromiss: Zu einem Gesetz, das 55'000 Schwule, Lesben und Transsexuelle in Utah in diesen Bereichen gegen Diskriminierung schützt. Religiöse Organisationen sind davon ausgenommen. Weiterhin nicht geregelt bleiben Dienstleistungen privater Firmen, wie etwa der Fall eines Konditors, der sich weigert, eine Hochzeitstorte für ein schwules Paar zu backen.
Das möchte Williams in einem nächsten Schritt erreichen. «Das war ein Meilenstein für Utah, aber nicht etwas, das sich tel quel auf andere US-Bundesstaaten anwenden lässt. Was wir exportieren möchten, ist die Zusammenarbeit.»
Eine zentrale Rolle dabei spielte Senator Stuart Adams. Der Republikaner brachte das Gesetz in den Utaher Kongress ein. Er hatte jahrelang gegen Rechte für Homosexuelle gekämpft. «Die Kirche überzeugte uns, dass es falsch war, ihnen gewisse Rechte zu verwehren. Als Christen stehen wir nämlich auch für die Nächstenliebe.»
Nach einem US-Bundesgerichtsentscheid
Es war aber nicht nur Nächstenliebe, die die Mormonenkirche zum Umdenken brachte. Seit dem US-Bundesgerichtsentscheid 2014, das die Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Paare auf nationaler Ebene verbot, stiessen tiefere Instanzen reihenweise solche Gesetze in US-Bundesstaaten um. Michael Purdy, Lobbyist der Kirche erklärt: «Es wurde zum Nullsummenspiel. Jemand musste verlieren. Wir wollten lieber eine für beide Seiten akzeptable Lösung aushandeln, statt einen gerichtlichen Entscheid zu riskieren.»
Seit dem Kompromiss hat die Mormonenkirche Edikte erlassen, die gleichgeschlechtliche Paare verurteilen, was viele schockierte. Purdy stellt klar: «Die Kirchendoktrin hat sich nicht verändert. Wir glauben, dass eine Heirat nur zwischen einem Mann und einer Frau stattfinden sollte. Gleichzeitig möchten wir jene, die anders denken, mit Respekt behandeln. Wir wollen keinen Kulturkrieg.»
So ist es möglich, dass der Kompromiss nur auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner möglich war und sich nicht mehr weiter entwickelt. Senator Stuart Adams sagt zu einer Ausweitung auf den Hochzeitskuchenkonditor: «Ich hoffe, das lassen wir sein und dass die anderen meine persönlichen Überzeugungen respektieren so wie ich ihre respektiere.»
Nun missioniert der ehemalige Missionar wieder
Aktivist Troy Williams lässt sich nicht beirren. Er ist selber als Mormone aufgewachsen. Als junger Mann hat er zwei Jahre lang in England missioniert. «Die Mormonenkirche brachte mir bei, von Tür zu Tür zu gehen und den Glauben zu verbreiten. Die gleichen Strategien setze ich nun ein, um sie zu überzeugen, uns Rechte zuzugestehen. Ich predige ihnen das schwule Evangelium!»