Wegen kritischer Artikel über die kommunistische Regierung Vietnams ist ein bekannter Blogger des Landes festgenommen worden. Truong Duy Nhat wird der «Missbrauch demokratischer Freiheiten gegen das Staatsinteresse» vorgeworfen. Darauf stehen bis zu sieben Jahre Haft.
Rücktritts-Aufforderung an die Staatsführung
Ende April hatte der 49jährige Nhat die Staatsführung zum Rücktritt aufgefordert. Er hatte geschrieben, es sei «Zeit für einen neuen Partei-Generalsekretär und Regierungschef», um das Land aus seiner wirtschaftlichen und politischen Krise zu führen.
Nhat wurde laut der staatlichen Zeitung «Tuoi Tre» in der Küstenstadt Danang festgenommen und zum Verhör in die Hauptstadt Hanoi gebracht. Sein Blog namens «Ein anderer Blickwinkel» ist nicht mehr zugänglich. Private Medien sind in Vietnam verboten, alle Zeitungen und Fernsehsender werden vom Staat betrieben.
Nhats Schicksal löste wütende Reaktionen in der vietnamesischen Blogger-Szene aus. Seine Festnahme sei «ein heftiger Schlag gegen unsere noch junge Demokratie», schrieb ein Online-Kommentator namens Nam Mo. «Nhat wird nicht das einzige Opfer dieser autoritären Regierung bleiben, wenn Vietnams Blogger nicht lernen, sich zu vereinen – auch wenn sie einander nicht kennen.»
Seit Jahresbeginn wurden in Vietnam mindestens 38 Aktivisten wegen regierungsfeindlicher Handlungen verurteilt. Kritiker machen dafür vage formulierte Gesetzesartikel im Strafrecht verantwortlich.
Aktuelle Repressionswelle begann 2009
Die Repression in Vietnam sei nicht neu, sagt SRF-Asien-Mitarbeiter Peter Achten. Die aktuelle Welle von Verhaftungen habe 2009 begonnen. Die Anzahl Arrestierungen wegen regimekritischer Äusserungen sei parallel zur Anzahl Internet-Nutzer in Vietnam gestiegen. Heute gibt es rund 32 Millionen User im Land, 2009 waren es erst 22 Millionen.
Tatsächlich nehme das Internet eine zunehmend wichtigere Rolle ein, vor allem für die Mittelschicht in den Boom-Städten, sagt Achten. Diese Schicht störe sich zunehmend an der in Vietnam grassierenden Korruption. Blogger würden diese Unmutsäusserungen dann eben auch im Internet veröffentlichen.
Dies versuche die kommunistische Partei durch Repression zu verhindern. Doch: «Das ist wie ein Kampf gegen Windmühlen», ist Peter Achten überzeugt. Wenn die Partei die Kritik im Internet vollständig in den Griff bekommen wolle, müsse sie dieses abstellen. Aber Achten ist überzeugt: «Das kann sie nicht – das gäbe einen Volksaufstand.»