Ein 1000seitiger Polizeibericht bringt Brutalitäten über die Vergewaltigung einer indischen Frau ans Licht: Indische Lokalzeitungen und TV-Sender berichteten, dass die Männer nach der Tat versucht haben sollen, die Frau zu überfahren. Der Begleiter der 23jährigen konnte seine Freundin gerade noch rechtzeitig wegziehen.
Der junge Mann wurde demnach mit seiner Freundin nach der Gruppenvergewaltigung aus dem Bus geworfen, nachdem dem Paar zuvor noch die Kleider vom Leib gerissen worden seien, berichtete «The Indian Express».
Todesstrafe möglich
Bei einer Verurteilung wegen Mordes droht ihnen die Todesstrafe. «In Indien wird die Todesstrafe verhängt, aber selten vollstreckt», sagt der Journalist Stefan Mentschel in Neu Delhi. Es bleibe also abzuwarten, ob eventuelle Todesstrafen auch umgesetzt würden.
Bei einem weiteren mutmasslichen Täter, der 17 Jahre alt sein soll, müssten erst Untersuchungen abgewartet werden, um sein wahres Alter zu bestimmen, sagte ein Polizeivertreter am Mittwoch. Sollten Knochentests seine Minderjährigkeit bestätigen, kommt er vor ein Jugendgericht. Dieses kann maximal drei Jahre Haft anordnen.
Zugefügte Verletzungen als Hauptbeweise
Wie «The Times of India» berichtete, fügte die Frau ihren Peinigern während des Angriffs Bisswunden zu, um sich zu befreien. Diese Verletzungen sowie Blut, Sperma und Haare bilden gemeinsam mit der Aussage des Freundes der Inderin die Hauptbeweislast. So heisst es gemäss Polizei und Medienberichten.
Der Fahrer muss sich zudem wegen Verschwindens von Beweismitteln verantworten. Er soll nach der Tat versucht haben, die Kleider der Frau zu verbrennen und den Bus gründlich zu reinigen.
Die Anklageschrift dürfte mit Details darüber beginnen, wie der Fahrer des privaten Fahrzeugs seine Freunde zu einer Spritztour überredet haben soll, berichtete «The Times of India». Der Fahrer soll sich ebenfalls an der Gruppenvergewaltigung beteiligt haben.
Pflichtverteidiger statt Anwälte
Es sieht danach aus, dass die Angeklagten von Pflichtverteidigern vertreten werden, da sich die beim zuständigen Gericht registrierten Anwälte weigern, den Fall zu übernehmen. Dies sagte ein Mitglied der Anwaltskammer des Hauptstadtbezirks Saket.
Auf das Haus des Busfahrers soll ein Bombenanschlag geplant gewesen sein. Die Polizei habe einen mutmasslichen Bombenleger festgenommen, zwei weitere seien auf der Flucht, heisst es in Medienberichten. Zwei selbstgebaute Sprengsätze seien sichergestellt worden.
Richter fordert fairen Prozess
Der Vorsitzende Richter Altanas Kabir hatte sich vor Beginn des Verfahrens gegen die sechs Beschuldigten bemüht, die Wogen zu glätten. Bei aller Empörung müsse den Verdächtigen ein fairer Prozess gemacht werden, Lynchjustiz sei nicht akzeptabel.
«Wir sollten nicht vergessen, dass eine Person als unschuldig gilt, bis das Gegenteil bewiesen ist», sagte er bei der Einsetzung des neuen Schnellgerichts.
Beisetzung nach hinduistischen Riten
Die junge Frau war Mitte Dezember in Neu Delhi von sechs Männern vergewaltigt und mit einer Eisenstange misshandelt worden. Auch ihr Freund wurde schwer verletzt.
Die Inderin starb am frühen Samstagmorgen (Ortszeit) in einem Spital in Singapur an den Folgen des Angriffs. Ihre Asche wurde entsprechend der hinduistischen Riten in den heiligen Fluss Ganges gestreut.
Der Fall hat landesweit Trauer, Entsetzen und Wut ausgelöst. In der indischen Hauptstadt Neu Delhi demonstrierten wie in den 15 Tagen zuvor auch am Mittwoch wieder zahlreiche Menschen. An einem Protestmarsch in der Hauptstadt nahmen nach Angaben von Beobachtern mehrere Tausend Menschen teil.
Chemische Kastration gefordert
Die Polizei hatte nach dem Tod der Frau mitgeteilt, sie strebe die schwerstmögliche Strafe für die Täter an.
Zuletzt war im vergangenen November der letzte überlebende Attentäter der Terrorserie von Mumbai Ende 2008 gehängt worden. Es war die erste Hinrichtung seit 2004. Die regierende Kongresspartei erwägt zudem einen Gesetzesvorstoss zur chemischen Kastration von Vergewaltigern.