Der Irak hat eine neue Regierung: Inmitten der Kämpfe gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) ist das neue Kabinett von Ministerpräsident Haider al-Abadi vereidigt worden.
Man darf sich nichts vormachen. Diese Regierung ist nur auf grossen internationalen Druck entstanden.
Das Feilschen ging bis zur letzten Minute, bevor der neue irakische Premierminister al-Abadi sein Kabinett in den Grundzügen vorstellen konnte. Stellvertreter des Schiiten werden zwei Vertreter der zwei anderen grossen Volksgruppen; der Kurden und der Sunniten. Überhaupt ist das Kabinett breiter abgestützt. Aber man dürfe sich nichts vormachen, sagt SRF-Nahost-Korrespondent Philipp Scholkmann: «Diese Regierung ist nur auf grossen internationalen Druck entstanden.»
Al-Abadis Vorgänger, Parteikollege Nouri al-Maliki, hatte nach langanhaltendem Druck von aussen und innen auf eine weitere Amtszeit verzichtet. Er war für seinen autokratischen Regierungsstil in die Kritik geraten und weil er als Schiite die Sunniten und Kurden nicht an der Regierung beteiligte.
Kurden fordern viel
Die neue Regierung soll den konfessionellen Konflikt entspannen und den Zerfall des Landes abwenden. Al-Abadi hat den Kurden und Sunniten im Gegensatz zu al-Maliki aber Dialogbereitschaft versprochen. Wie sehr er aber tatsächlich bereit ist, auf die andern Volksgruppen zuzugehen, wird sich erst in der Praxis zeigen.
Zudem wollten die Kurden viel, sagt Scholkmann: das Öl und Gas selber vermarkten können und ihr Territorium erweitern. «Er sollte nicht nur die Kurden ins Boot holen, sondern auch die Sunniten», sagt Scholkmann.
Hoffnung liegt auf den Sunniten
Die Schlüsselposten, wie das Verteidigungs- und das Innenministerium, sind noch unbesetzt. Aber die Tatsache allein, dass es mitten in der tiefen Krise gelang, eine breiter abgestützte Regierung zu bilden, wird als positives Zeichen für den Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat gesehen. «Al-Abadi gilt als der Mann der Amerikaner», sagt Scholkmann. Sie hätten sich für ihn stark gemacht.
Die Hoffnung sei jetzt, dass der neuer Premier mit einer weniger konfrontativen Politik die sunnitischen Stämme wieder auf die Seite der Zentralregierung ziehen könne, so dass sich einige der sunnitischen Stämme dem Kampf gegen die Terrormiliz IS anschliessen. Die hat sich in deren Gebiet ausgebreitet. Die Sunniten hätten sich unter dem Hardliner al-Maliki frustriert von Bagdad abgewendet und so IS gewissermassen den Weg bereitet.